DAX bekommt Bruder

Neue Rosinen für Anleger? Die Börse entwickelt einen Index, der die exportstärksten deutschen Firmen enthält

HAMBURG taz ■ Die Frankfurter Börse ist kreativ: Seit neuestem bietet sie einen Index an, der den Stolz des Standortes Deutschland präsentieren soll – den Export. Die Idee: Anleger können mit einem einzigen Anlageprodukt – also etwa einem Zertifikat, das den neuen Index abbildet – von der Kursentwicklung der zehn größten deutschen Exportfirmen profitieren. Der neue Index heißt „DAXplus Export Strategy“ und enthält unter anderem die DAX-Werte Bayer und DaimlerChrysler, aber auch MDAX-Papiere wie EADS.

Verfechter versprechen sich von entsprechenden Zertifikaten eine deutlich höhere Rendite als beispielsweise von Wertpapieren, die die Entwicklung des Leitindexes DAX widerspiegeln. Immerhin haben die Aktien der Export-Index-Unternehmen seit 2002 ein Drittel mehr abgeworfen als die 30 DAX-Unternehmen.

Trotzdem hält sich die Resonanz auf den neuen Index derzeit noch in Grenzen, bedauert eine Sprecherin der Deutschen Börse. Bislang haben lediglich Goldman Sachs und die Bankgesellschaft Berlin angekündigt, dass sie Export-Zertifikate ausgeben wollen.

Das Zögern kommt nicht von ungefähr. Anlagestrategien, die in der Vergangenheit erfolgreich waren, müssen das in der Zukunft nicht bleiben, warnt das Deutsche Aktieninstitut (DAI). So seien exportorientierte Unternehmen besonders abhängig von der Wechselkursentwicklung – was sich für einzelne Konzerne immer wieder als fatal erwiesen hat.

Insgesamt berechnet und veröffentlicht man in Frankfurt am Main mehr als 1.800 Indizes. Laut der Sprecherin zählt die Deutsche Börse damit zu den bedeutendsten Indexanbietern weltweit. Indizes wirkten als „Schaufenster“:

Präsentiert werden in der Regel Branchen oder Regionen, etwa eigentümergeführte Unternehmen, Kosmetikahersteller oder Produzenten von erneuerbaren Energien. Neudeutsch sollen diese Indizes als „Benchmark“ dienen – als ein Maßstab, mit dem Banken oder Privatpersonen messen können, ob sich ihre eigenen Geldanlagen angemessen entwickeln. Als Orientierungshilfe erfüllten Indizes „eine wichtige Funktion in der Volkswirtschaft“, lobt Gerrit Fey vom DAI.

Dabei gibt es auch amüsante Extreme: Sparanlagen, die sich am „DAXplus Seasonal Strategy“ orientieren, wenden sich an Anleger, die der alten Börsenweisheit folgen „Sell in May and go away“. Hier werden die üblichen Kursverluste in den Sommermonaten einfach nicht mitgezählt und im Herbst wieder beim Mai-Kurs angesetzt. Für Fey kein Problem. Zu viele Indizes könne es gar nicht geben. Was letztlich geht, werde „am Markt ausgetestet“.

Andere Experten sehen das anders: Bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, in der auch viele Kleinanleger organisiert sind, zeigt man sich sogar „verblüfft“ über die große Zahl der Indizes. „Normale Privatanleger brauchen nicht so viele“, sagt Sprecherin Reinhild Keitel. Zwar sei etwa der DAX auch für Kleinanleger ein nützlicher Maßstab, „aber grundsätzlich muss man gucken, ob ich wirklich alle Titel brauche oder mich lieber auf zwei, drei Firmen konzentriere, die ich besser kenne“.

Für die Börse ist der technische und mathematische Aufwand erheblich. Zumal jeder Index dauernd gepflegt werden muss, weil Unternehmen pleite gehen, die Branche wechseln oder von einem Großaktionär geschluckt werden. Das ist auch der Grund, weshalb sich Regionalbörsen keine Indizes zulegen. Als Anbieter muss die Deutsche Börse so nur globale Medienkonzerne wie das Wall Street Journal (Dow Jones) oder Investmentbanken wie Morgan Stanley (MSCI-Indizes) fürchten – und das lediglich international.

HERMANNUS PFEIFFER