Vor Transporten nach Gorleben: Castor-Gegner proben Aufstand
In zwei Wochen soll Atommüll von Frankreich ins Zwischenlager Gorleben transportiert werden. Die Polizei verhängt wieder einmal ein Demoverbot entlang der Bahnstrecke.
Die Polizei will großräumig Demonstrationen gegen den bevorstehenden Atommülltransport nach Gorleben verbieten. In einem 100 Meter breiten Korridor um die Bahnstrecke von Lüneburg nach Dannenberg und um die beiden weiter nach Gorleben führenden Straßen sollen ab Samstag, 8. November, spontane Demonstrationen und am Sonntag, 9. November, auch angemeldete Proteste nicht mehr statthaft sein.
Unterdessen haben sich zwei Wochen vor dem elften Transport von hochradioaktivem Müll in das Zwischenlager Gorleben Castor-Gegner aus dem Wendland bei ersten Aktionen warmgelaufen. In Uelzen demonstrierten am Wochenende 300 AKW-Gegner und ein gutes Dutzend Bauern mit Traktoren gegen einen Weiterbau des Gorlebener Endlagerbergwerks und für den Atomausstieg. Bei Hitzacker trafen sich Menschen, Pferde und Traktoren, um sich unter dem Motto "Gemeinsam zum Zuge kommen" der Bahnlinie von Lüneburg nach Dannenberg anzunähern. Bequemer ging es am Sonntag an der Castorumladestation in Dannenberg zu, wo in gut zwei Wochen elf Behälter mit Strahlenmüll aus der Wiederaufarbeitung deutscher Brennelemente in Frankreich von Eisenbahnwagons auf Straßentieflader gesetzt werden. Dort probten gut 100 AKW-Gegnerinnen eine Straßenblockade.
Die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg geht davon aus, dass der Zug mit den Atommüllbehältern am Freitag, 7. November, nahe der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague starten wird. Voraussichtlich am Samstagmittag wird er bei Lauterbourg und Wörth die französisch-deutsche Grenze passieren. Die Bahnstrecke von Lüneburg nach Dannenberg wird der Zug wohl ab Sonntagmorgen zurücklegen.
Nach dem Umsetzen der Behälter auf Tieflader ist Montag früh der Straßentransport von Dannenberg nach Gorleben geplant. Der in den Behältern enthaltene Müll ist heißer und strahlt stärker als beim letzten Castor-Transport nach Gorleben vor zwei Jahren, weil er auf im Reaktor genutzte Brennelemente mit einem höheren Abbrand zurückgeht. Darum handelt es sich streng genommen diesmal auch nicht um einem Castor-Transport, denn der Müll steckt nicht in deutschen Castoren, sondern in französischen Behältern vom Typ TN85. Dem deutschen "Castor 28", der für den stärker strahlen Wiederaufarbeitungsmüll konzipiert wurde, fehlt bislang die Zulassung.
Die Polizei rechnet wegen des Skandals um das Atommüllager Asse und den Versuchen, längere AKW-Laufzeiten durchzusetzen, "eine deutlich größere Beteiligung an den Protesten", wie es in der Verbotsverfügung heißt. Sie sind auf größere Blockaden auf Schienen und Straßen eingestellt.
Mehr Demonstranten als die gut 5.000 des Jahres 2006 erwartet auch die BI Lüchow-Dannenberg. Für den 8. November ruft sie zu einer bundesweiten Demonstration an den Gorlebener Atomanlagen auf. "Es geht um den Sofortausstieg, das Entsorgungsfiasko, und wir verlangen den Rückbau des Gorlebener Endlagerbergwerkes", sagte BI-Sprecher Francis Althoff. "Im Mittelpunkt stehen das Endlager und die AKW-Laufzeiten", meint auch Jochen Stay von der Aktion "x-tausendmal Quer". Der Castor-Transport sei mittlerweile eher der Anlass für Protest. Allerdings wollen sich die Aktivisten von x-tausend auch diesmal wieder auf die Castor-Strecke setzen, mitten in der Ortschaft Gorleben.
Derzeit haben in mehreren Dutzend Städten Anti-AKW-Gruppen Busse gechartert, um zur Demo anzureisen. Unterstützt wird der Demoaufruf auch vom Parteivorstand der Linken. Die Grünen mobilisieren auf allen Ebenen zur Fahrt nach Gorleben. Alle Mitglieder des Grünen-Bundesvorstandes wollen nach Angaben eines Parteisprechers vor Ort gegen den Atommülltransport protestieren.
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