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Debatte "Neue Väter"Die Väterlüge

Ines Kappert
Kommentar von Ines Kappert

Die Debatte um die "neuen Väter" rüttelt nicht an ungerechten Arbeitsverhältnissen. Sondern schützt die Privilegien der Mittelschicht. Das erklärt auch den Hype um sie.

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Ines Kappert
Gunda-Werner-Institut
leitet seit August 2015 das Gunda-Werner-Institut für Feminismus und Geschlechterdemokratie der Heinrich-Böll-Stiftung.   Mich interessiert, wer in unserer Gesellschaft ausgeschlossen und wer privilegiert wird - und mit welcher kollektiven Begründung.   Themenschwerpunkte: Feminismus, Männlichkeitsentwürfe, Syrien, Geflüchtete ,TV-Serien.   Promotion in Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft zu: "Der Mann in der Krise - oder: Konservative Kapitalismuskritik im kulturellen Mainstream" (transcript 2008).   Seit 2010 Lehrauftrag an der Universität St. Gallen.

9 Kommentare

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  • DN
    Detlef Naumann

    Naja - was ist nun schlimmer - die Frauenquote oder die neuen Väter?

     

    Aber in diesem Bericht ist alles mögliche in einen Topf gewandert, kräftig umgerührt und dann unsortiert wieder hervor geholt worden.

     

    Ist das der neue Journalismus? Ist das weibliche Logik?

     

    Aber vielleicht gibt es ja bald die neuen Mütter, die nicht mehr auf den Kindern glucken, die die Hälfte zum Lebenseinkommen beitragen und für die die gemeinsame Sorge auch ohne Trauschein eine Selbstverständlichkeit ist. Dann spielt es auch keine Rolle, aus welcher Schicht sie stammen.

  • C
    Christine

    Gratulation zum Beitrag "Die Väterlüge"! Wie recht Frau Kappert in puncto Ausblendung der Fakten und sozialer Rassismus hat, dürften die Reaktionen zur Genüge zeigen: Die Mauer aus Ignoranz und Selbstgerechtigkeit ist schwer zu durchbrechen. Für den couragierten Versuch aber sei gedankt!

  • E
    E.

    Oh mein Gott.

     

    Der Autorin ist aber auch wirklich nichts zu dämlich, um Mittelschichtsmänner zu diskreditieren.

     

    Ich würde vor allem schon mal gerne wissen, was für Privilegien ich eigentlich habe. Mein Abgabensatz von 45%? Dass ich doppelt soviel Miete bezahlen darf für die gleiche Quadratmeterzahl? Dass ich das 5fache für Kitaplätze bezahle wie die Eltern mit geringerem Einkommen?

     

    Ist das eigentlich Standard, dass immer dann, wenn manchen Leuten die wirklichen Argumente ausgehen, die Rassismuskarte gezogen wird? Registriere eigentlich nur ich mit Befremden, dass völlig übergangen wird, dass die Angebote nicht nur an die sogenannte Mittelschicht, sondern auch an alle anderen Schichten gehen?

     

    Liebe Autorin, ich kann Ihne versichern: Ihr Neid ist unbegründet. Das was ich und andere Studierte mehr verdiene als der Ford-Arbeiter, fressen die extrem höheren Gebühren, ausschluss von Mietzuschüssen, die teilweise mehr als doppelt so hohen Abgaben wieder auf.

     

    Da lohnt sich doch Leistung.

  • S
    Shrike

    Was genau prangert Frau Kappert denn eigentlich an ?

     

    Die reine Intention des von der Leyen`schen Vorstoßes zu mehr erziehenden Vätern ?

     

    Schauder:

    Da soll doch tatsächlich die Mittelschicht gefördert werden.

     

    Für Frau Kappert ist dies offenbar schon zu elitär.

     

    Ich würde sagen die Oberschicht hat genug Geld für Nanny und Internat.

     

    Die Mittelschicht also hat tatsächlich eher Bedarf an einer Neuordnung der Geschlechterverhältnise quasi im skandinavischen Sinne, soll heißen auch die Väter müssen ran.

     

    Was soll daran verwerflich sein ?

     

    Als ob die sog. Unterschicht sich solch ein Erziehungsmodell nicht auch zu eigen machen könnte !

     

    Es mag ja sein, dass hier tatsächlich die Mittelschicht ihre Zukunft sichern will, aber warum nicht ?

     

    Was wird der Unterschicht denn hier vorenthalten ?

     

    Und warum muss hier mal wieder von "Rassismus" die Rede sein ?

    Als ob die Hautfarbe oder Ähnliches etwa für das Elterngeld relevant wäre.

    Das offenbar sehr beliebte R-Wort wird hier mal wieder zweckentfremdet, diesmal soll es halt "sozialer Rassismus" sein.

    Noch besser war nur Gregor Gysi mit seiner Wortschöpfung "Altersrassismus".

     

    Ja, ich will auch eine allgemein kinderfreundlichere Arbeitwelt in allen Gehaltsbereichen.

     

    Aber hier wird die blanke (unterstellte) Motivation der Väter-Debatte völig übertrieben gegeißelt.

     

    Aufstiegschancen für Kinder aus prekären Verhältnissen gibt es erstens durchaus, obschon man sie noch deutlich verbessern sollte.

    Aber diese Verbesserungen würden ohnehin eher den schulischen Bildungsektor betreffen und nicht so sehr die elterliche Betreuung.

     

    Einerseits käme aber mehr Zeit mit dem Vater womöglich auch der Bildung von Arbeiterkindern zugute, sollte dies aber andererseits nicht klappen, müsste die schulische Betreuung es ausbügeln, wobei dann möglichst viele Mitschüler aus der eher gebildeten Mittelschicht umso besser wären, da hat Kommentator "Von Krause" nicht unrecht.

     

    Wenn diese Mittelschicht aber schrumpft, was dann ?

     

    Frau Kappert ist offenbar der Ansicht, die richtigen staatlichen Eingriffe würden die sog. Unterschicht ruck-zuck bilden und der Mittelschicht zuführen, was nur durch die sich abschottende Mittelschicht verhindert wird.

     

    So einfach aber ist es dann doch nicht, Bildung braucht Zeit und wer soll sie vermitteln ohne Mittelschicht ?

     

    Es ist ja nicht so, dass die Arbeiterkinder keine Schulpflicht hätten.

    Und deren Lehrer werden auch was tun für ihre Schüler.

    Dennoch klappt es mit dem Aufstieg nicht so gut wie es wünschenswert wäre, insbesondere, wenn die Kinder aus bildungsfernen Verhältnissen unter sich bleiben.

    Die Schule als Institution an sich kann ein bildungsfernes Elternhaus also scheinbar nicht mal eben wettmachen, die Eingriffsmöglichkeiten des Staates sind offenbar begrenzt.

     

    Auch in taz-Artikeln wurde daher schon oft darauf gepocht: Die Kinder gebildeter Eltern können die anderen Kinder mitziehen, gemeinsamer Unterricht ist bei den Linken in aller Munde.

     

    Dafür sind die Kinder der ach so elitären und angeblich so nach unten tretenden Mittelschicht dann schon gut genug.

     

    Aber wehe die Mittelschicht selber bangt um ihre Kinder !

    Wehe die Mittelstandfamilie hätte auch gerne mehr als ein Kind !

     

    Da kennt Frau Kappert keine Gnade.

  • MK
    Maximilian Kaiser

    Die sozial-rassistische Brille steht der Komentatorin ebenso gut, wie denen, die sie kritisiert. Gemeinsam ist ihnen nämlich, dass beide Männer und Väter nur als Instrument der Frauenförderung und Mittel zur Mütterentlastung sehen. Während die einen sich um eine schrumpfende Mittelschicht fürchten, geht es der Autorin um die Privilegien der karrieremeisternden Supermutti in der sozialstaatlichen Totalkita. Den Mann und Vater als Mensch und als Teil eines kinderförderlichen Aufwachsens, wie auch immer man diese Familienformen nennen mag, haben beide komplett aus dem Blick verloren. Am Hartz4-Vater-Beispiel zeigt sich das am besten:

     

    Während die arbeitslose Mutti mit Alleinerziehungszuschlägen und Förderprogrammen rundum versorgt wird, erhält in der Realität der Hartz4-Trennungsvater noch nicht einmal das Geld fürs Essen seiner Kinder, während sie bei ihm sind. Dann tut der Sozialstaat alles für die Mutti und nichts mehr für den fürsorglichen Vater.

     

    Wenn sie dann noch die aufkommende Altersarmut bei Vätern als Grund zum Jubeln ansieht, fragt man sich, ob die Frau den Verstand verloren hat.

  • K
    karlma

    Es war einmal ein Wunsch von mir, mein erstes Kind zu bekommen und seiner Mutter gleichzeitig zu ermöglichen, ihre Ausbildung - Referendariat - zu Ende zu führen. Dafür wollte ich halbtags arbeiten. Hätte gut gehen können, weil ich ohnehin zwei halbe Stellen hatte. In Kenntnis der ganzen Bedeutung meines Wunsches wurde das Anliegen abgelehnt und verhindert mit dem Grund "Teilzeit bei Männern akzeptieren wir nicht". Diese Entscheidung und dieser Satz stammten von einer Frau in leitender Funktion. Wenn Sie solche Entscheidungen ausschließlich bei Männern in leitender Funktion ansiedeln, liegen Sie schlicht und einfach falsch.

  • R
    radex

    Frau Kappert, wieso bezeichnen Sie 84% der Väter als traditionell? Zur Elternschaft gehören immer noch 2 Personen, folglich müßten dann auch 84% der Mütter traditionell sein. Lt. einer Emnid-Umfrage sind übrigens 70% aller Frauen der Meinung der Mann müsse Hauptverdiener sein.

    Auch die Behauptung, daß Akademikerinnen weniger Kinder bekommen, stimmt schon lange nicht mehr.

    Zitat von zwd.info:

    "Dabei stellte sich heraus, dass der behauptete negative Zusammenhang zwischen Human vermögen der Frau und der Anzahl ihrer Kinder nur bis zum Beginn der 90er Jahre bestand. Seit Mitte der 90er Jahre ist die Lage umgekehrt: „Je gebildeter die Frau, desto mehr Kinder bringt sie auf die Welt“"

     

    Wer Teilzeit arbeitet ist übrigens oft in einer komfortablen Luxusposition, nicht Opfer.

  • D
    Dirk

    Wie „Krause“ schon gesagt hat: Die Mehrzahl der zukünftigen Leistungsträger (also nicht zwangsläufig Manager sondern alle, die hochwertige und hochqualifizierte Arbeit leisten) stammen genau da her, wo man es ihnen vorlebt und das hat die Politik begriffen, auch wenn es unpopulär ist, das zu sagen. Völlig richtig ist die Erkenntnis der Autorin hier: „Doch wenn sich die Männer emanzipieren, müssen die Frauen, die mit ihnen leben, sich von der Anmaßung verabschieden, irgendwie seien sie immer schon die sozial Kompetenteren. … Hier wird ein krasses Konkurrenzverhältnis zwischen Frauen und Männer aufgemacht.“ Genau so ist es. Und davor will die Politik ihr selbst aufgebautes Frauenbild bewahren. Im Bekanntenkreis habe ich schon mehrfach erlebt, wie Mütter an ihrer Rolle klammern und urplötzlich hunderttausend Gründe finden, weshalb es besser wäre, wenn sie die Kinder betreuen und der Mann arbeiten geht. Die vielbeschworene Emanzipation der Frauen ist nämlich noch lange nicht so weit, wie man uns Glauben machen möchte. Wer weiß, ob nicht sogar viele Männer emanzipierter sind als ihre Frauen. Ein wahrhaft kritisches Thema.

    Doch ganz frei vom Klischee ist die Autorin auch nicht, denn es ist schon lange wissenschaftlich erwiesen, dass soziale Kompetenz weniger eine Frage des Geschlechts als viel mehr eine Frage des Individuums ist: Der Unterschied zwischen den Männer-Frauen-Vergleichsgruppen ist deutlich geringer als die Unterschiede innerhalb der Gruppen selbst. Ob Männer erst durch die Kinderbetreuung "soziale Kompetenzen" und "Stressresistenzen" aufbauen müssen, ist daher mehr als fraglich.

  • K
    Krause

    Tja, die Mittelschicht trägt nun einmal dieses Land. Sie produziert die zukünftige Ingenieure, Naturwissenschaftler etc. die für den Erfolg unsere Landes unerläßlich sind. Im übrigen produziert sie die wohlerzogenen Kinder, die in der zukünftigen Gemeinschaftsschule, die Unterschicht/Migrantenkinder voranbringen sollen. Was passiert, wenn letztere unter sich bleiben, kann man ja an der Neuköllner Schulen beobachten. Insoweit macht es Sinn die Mittelschicht zu fördern.