Festnahmen in Indien: Polizei hebt Terror-Netz aus

Militante Hindus stecken offenbar hinter Gewalttaten gegen Christen und Muslime und haben zum Teil gute Verbindungen zu der nationalistischen Indischen Volkspartei BJP.

Wollte mehr Tote: Die 36-jährige Pragya Singh Thakur (mit Kopftuch, mittlerweile festgenommen). Bild: ap

DELHI taz Seit Monaten verüben militante Hindus in Indien immer wieder Gewaltakte gegen Anhänger religiöser Minderheiten. Wochenlang überfielen im ostindischen Bundesstaat Orissa organisierte Mobs christliche Dörfer. Sie verwüsten Kirchen, vergewaltigen Frauen und setzen Häuser von Christen in Brand. Auch in Karnataka in Südindien verübten Hindu-Fanatiker mehrfach Anschläge auf christliche Kirchen. Muslime sind ebenfalls regelmäßig das Ziel religiös motivierter Übergriffe. Doch nun wird klar, dass der militante Hindu-Nationalismus längst eine weitaus gefährlichere Stufe der Gewalt erreicht hat.

In den vergangenen Tagen hob die Polizei ein Hindu-Terrornetz aus. Mehrere Verdächtige wurden festgenommen, unter ihnen zwei Frauen und drei Armeeoffiziere. Sie sollen seit 2003 immer wieder Anschläge auf muslimische Einrichtungen in ganz Indien verübt haben. Bei dem letzten Terrorakt dieser Art starben in der zentralindischen Stadt Malegaon Ende September mindestens sechs Menschen. Eine Bombe detonierte in bei einer Moschee, als gläubige Muslime gerade gemeinsam das Fastenbrechen begingen.

Die Erkenntnisse der Ermittler bringen die Hindu-nationalistische Indische Volkspartei (BJP) in Bedrängnis. Denn eine der verhafteten Frauen, die 36-jährige Pragya Singh Thakur, hat beste Kontakte zu der Partei und zu ideologisch nahestehenden Organisationen. Sie bedauere, dass bei den Anschlägen nur wenige Menschen getötet worden seien, erklärte die Polizei.

Thakur hat gute Beziehungen zu prominenten BJP-Anführern. Sie ist eine Bekannte des Ministerpräsidenten des Bundesstaates Madhya Pradesh, Shivraj Singh Chauhan. Neun Jahre lang war sie ein führendes Mitglied eines BJP-finanzierten Studentenbundes. Daher beeilte sich die BJP, sich von den Attentätern zu distanzieren. Sprecher Ravi Shankar Prasad leugnete, Mitglieder seiner Partei hätten von den Terrorakten gewusst.

Nun wird der Ruf immer lauter, die fanatischen Hindugruppen des Landes zu verbieten. Immer wieder stürmen Schlägertrupps Geschäfte, die Valentinsartikel verkaufen. Sie verprügeln Paare, die sich öffentlich an den Händen halten und belästigen Frauen, die sich nach Ansicht der Fanatiker zu aufreizend kleiden.

Das Jahr 2002 stellt einen blutigen Höhepunkt der Hindugewalt dar: Nach einem vermeintlichen Anschlag auf einen Zug mit Hindupilgern töteten organisierte Mobs in Gujarat tausende Muslime. Narendra Modi, der BJP-Ministerpräsident des Bundesstaates, wies laut Zeugen die Polizei an, nicht einzugreifen.

Die Hindu-Nationalisten folgen der Hindutva-Ideologie, die eine Überlegenheit des Hinduismus gegenüber allen anderen Religionen propagiert. Doch der Hinduismus zerfällt in tausende Kasten und Sekten, deren Anhänger sich nicht selten blutig bekriegen. Einigkeit soll die Abgrenzung von religiösen Minderheiten bringen. Daher wettern Anführer von Gruppen wie dem Welthindurat (VHP) häufig gegen Muslime und Christen. Die Pogrome gegen Christen in Orissa haben Anhänger der Jugendorganisation des VHP nach langen Agitationen verübt. Zudem wird in drei wichtigen Bundesstaaten noch in diesem Monat gewählt. In allen drei liefern sich die BJP und die regierende Kongresspartei ein Kopf-an-Kopf-Rennen. SASCHA ZASTIRAL

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