Gesetzespaket für längere Amtszeit: Russlands Präsident bekommt mehr Zeit

Die Duma wird am Freitag die Verlängerung der Amtszeiten von Staatschef und Parlament um jeweils ein Jahr beschließen. Soll so der Weg von Putin in den Kreml geebnet werden?

Verlängert Medwedjew seine Amtszeit oder bereitet er einen Abgang vor, um für Putin den Weg freizumachen? Bild: dpa

MOSKAU taz Wenn alles glatt geht, wird Russland demnächst nur alle sechs Jahre einen Präsidenten und alle fünf eine neue Duma wählen. Bislang dauerten Amtszeit und Legislaturperiode vier Jahre. Dem Parlament liegt ein entsprechendes Gesetzespaket vor, das am Freitag beschlossen werden soll. Dass die Duma den als Gesetzesänderung drapierten Verfassungseingriff absegnet, steht außer Zweifel. Die Kremlpartei Vereinigtes Russland hat dort eine Zweidrittelmehrheit.

Erst vergangene Woche hatte Präsident Dmitri Medwedjew die Fristenverlängerung in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt. Er begründete die Änderung mit einer Verbesserung der Regierungsarbeit und größerer Stabilität. Natürlich legen auch die Wähler Wert auf Stabilität. Die ungewöhnliche Betriebsamkeit indes suggeriert, dass es damit nicht allzu weit her ist, sie ist geradezu verdächtig.

Die Verlängerung der Amtszeit des Präsidenten war lange geplant. Das Gesetzesvorhaben liegt fertig in der Schublade des Vizepräsidialamtschefs Wladislaw Surkow, der für ideologische Fragen und Herrschaftssicherung zuständig ist. Eigentlich sollte die Änderung vor den Duma- und Präsidentenwahlen 2007 durchgezogen werden, um Präsident Wladimir Putin eine dritte Kandidatur zu bescheren. Zwei Amtszeiten sieht die Verfassung bislang nur vor.

Der Präsident lehnte den Eingriff ins Grundgesetz ab. Der neue Plan sah "die Wahl eines Nachfolgers vor, der alle notwendigen Verfassungsänderungen vornimmt, um für eine Rückkehr Putins mit sechs Jahren Amtszeit den Weg zu ebnen", schrieb das Blatt Wedemosti unter Berufung auf eine Kremlquelle. Vorher hätte es Putin als "unethisch" empfunden, im eigenen Interesse die Verfassung zu ändern.

Beobachter in Moskau sind sich nicht einig, was der Eingriff bedeutet. Verlängert Medwedjew seine Amtszeit oder bereitet er einen Abgang vor, um für Putin den Weg freizumachen? Offiziell dementierte der Kreml: Die Korrektur bezöge sich nicht auf die laufende Amtszeit. Eine Verfassungsänderung würde jedoch Neuwahlen 2009 möglich machen. Kehrt Putin zurück, könnte er bis 2021 an der Spitze bleiben. Unabhängig von der Personalfrage würden Neuwahlen der politischen Elite zumindest den Zugriff auf Land und Ressourcen sichern. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise erscheint es aus der Logik des Kreml sinnvoll, schnellstmöglich neu wählen zu lassen und Fristen zu verlängern. Spätestens im Herbst 2009 werden die Auswirkungen der Finanzkrise auch in Russlands Weiten zu spüren sein. Entlassungen und Kurzarbeit sind schon an der Tagesordnung. Auch fällt der Ölpreis, der bislang den Wirtschaftsaufschwung sicherte. Der Lebensstandard wird sinken und das Desinteresse an der Politik könnte der ewigen Frage weichen: Wer ist schuld?

Im russischen Regierungssystem ist der Herrscher von der Schuldfrage ausgenommen, als guter Zar steht er über der Politik. Prügel stecken Bürokratie und Regierung ein. Noch ist Putin Ministerpräsident, der von der Aura des unfehlbaren Zaren zehrt. Das kann sich ändern und Wahlen lassen sich in schlechten Zeiten nicht so einfach manipulieren wie in guten. Auch munkelt man in Moskau, Putin sei der Kärrnerarbeit des Premiers überdrüssig. Selten sei er im Weißen Haus. Per Telefon lenkt er das Reich vom Landsitz aus.

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