Interview EU-Abgeordnete Krehl: "Man muss mit Russland rechnen"

Russland ist am Austausch mit der EU interessiert, glaubt die SPD-Europaabgeordnete Constanze Krehl. Durch die Wahl Obamas würden "die Karten neu gemischt".

Gemütlich mit Europa plauschen: Medwedew im Interview mit "Le Figaro". Bild: dpa

taz: Frau Krehl, wie stehen Ihre Kollegen im Europäischen Parlament dazu, die Gespräche mit Russland wieder aufzunehmen?

Constanze Krehl: Eine große Mehrheit freut sich, dass die Verhandlungen wieder aufgenommen werden. Eine Minderheit, vor allem aus der liberalen Fraktion und aus osteuropäischen Ländern, ist dagegen. Ich denke aber, man kann Probleme nur in Verhandlungen ausräumen.

Welche Stimmung haben Sie erlebt, als Sie vor Kurzem mit der Russlanddelegation des Parlaments in Moskau waren?

Wir hatten ein mehrstündiges Gespräch mit dem stellvertretenden Außenminister Alexander Gruschko. Schon das zeigt, wie wichtig die russische Seite den Austausch mit den europäischen Parlamentsvertretern derzeit nimmt. Das war nicht immer so.

Aber vor zehn Tagen hat der russische Präsident Dmitri Medwedjew mit russischen Raketen in Kaliningrad gedroht. Steht das nicht im Widerspruch zu mehr Dialogbereitschaft?

Das spielt sich auf einer anderen Ebene ab. Mit der Wahl Barack Obamas werden die Karten neu gemischt. Medwedjew versucht seine Verhandlungsposition zu verbessern. Der russische Außenminister Sergei Lawrow hat in der Zwischenzeit in einem Gespräch mit seinem finnischen Kollegen Alexander Stubb, dem derzeitigen Vorsitzenden der OSZE, signalisiert, dass er diese Drohung zurücknehmen würde, wenn auch die US-Seite auf den Raketenabwehrschild in Polen und Tschechien verzichtet.

Was bedeutet das?

Man muss mit Russland rechnen, aber es möchte viel stärker als bisher auf die europäischen Angebote für eine strategische Partnerschaft eingehen.

Derzeit untersucht eine Internationale Kommission die Ursachen des Kaukasuskriegs. Würde sich die europäische Georgienpolitik ändern, wenn die Kommission zu dem Schluss kommt, dass die Georgier mit den Kampfhandlungen begonnen haben?

In meiner Fraktion ist deutlich geworden, dass man beim Unterstützungsplan für Georgien genau darauf schauen will, wer Hilfsmittel bekommt. Es wird geprüft, ob die demokratischen Verhältnisse gegeben sind, die wir unterstützen wollen und auf die wir aufbauen können. In den Debatten im Europaparlament ist immer wieder gesagt worden, dass nicht allein russisches Fehlverhalten die Krise ausgelöst hat.

INTERVIEW: DANIELA WEINGÄRTNER

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