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Schadensersatz verweigertEin Mann kämpft gegen eine Bank

Österreichische Raiffeisenbank soll eine Insolvenz provoziert haben, um sich die Firma unter den Nagel zu reißen.

Der Raiffeisenverband Salzburg will den Schadensersatz nicht zaheln. Bild: reuters

BERLIN taz Peter Maegdefrau fühlt sich betrogen. Der deutsche Unternehmer fordert von dem Raiffeisenverband Salzburg Schadensersatz in Höhe von 38,9 Millionen Euro. Damit das klappt, hat er am Freitag in Berlin eine außergewöhnliche Belohnung ausgesetzt: 10 Millionen Euro soll diejenige Person erhalten, die dafür sorgt, dass er an das Geld kommt. Maegdefraus Vorwurf: Die Bank habe ein eigenes "Geschäftsmodell", mit dem sie Unternehmen über den Tisch ziehe.

Im Sommer 2004 sah alles noch so schön aus: Maegdefrau war Geschäftsführer der Roco-Gruppe, die zweitgrößter Hersteller von Modelleisenbahnen in Europa ist. Im Jahr produzierte das Unternehmen über eine Million Mini-Waggons, zusätzlich noch Lokomotiven, Umsatz: 43 Millionen Euro.

Doch dann wurde eine neue Fabrik errichtet, den Kredit stellte der Raiffeisenverband Salzburg zur Verfügung. Und mit dem Geld kamen die Probleme: Kreditprüfung, Kontosperrung, neue Verträge. "Die Tinte war noch nicht getrocknet", sagt Maegdefrau, da habe die Bank den Vertrag gebrochen, um die Firma Roco in die Insolvenz zu treiben. Im Juli hat Maegdefrau Konkurs angemeldet.

Doch das ist für den Unternehmer noch nicht das Ende der Geschichte: Eine Auffanggesellschaft der Raiffeisenbank hat das Unternehmen aufgekauft. Für Maegdefrau ist klar: Die Bank hat die Pleite "provoziert", um Roco zu übernehmen.

Dort weist man alle Vorwürfe zurück: Maegdefrau habe den "Niedergang des von ihm geleiteten Unternehmens ausschließlich selbst zu verantworten", heißt es in einer Stellungnahme. Die Auffanggesellschaft sei nur gegründet worden, um das Modellbauunternehmen vor einer Schließung zu bewahren. Dass sich die Raiffeisenbank ein Unternehmen unter den Nagel reißen und ins Modelleisenbahngeschäft einsteigen wolle, sei "das Absurdeste, was man sich vorstellen kann", sagt Pressesprecher Udo Steckholzer.

Bei der Staatsanwaltschaft Salzburg gibt es für Maegdefraus Anschuldigungen eine einfache Erklärung: "Alles, was er an Anschuldigungen macht, ist ein Versuch, die eigene Schuld woandershin zu lagern", sagt Pressesprecherin Barbara Fechtinger. Gegen Maegdefrau laufe nämlich ein Verfahren. Der Raiffeisenverband wirft ihm vor, Geld von Roco beiseitegeschafft zu haben. Am Montag ist dort der erste Verhandlungstag. Fechtinger: "Der Mann neigt gerne dazu, in die Medien zu gehen, immer wenn für ihn Termine anstehen."

Für Maegdefrau ist das alles ein großer Filz aus Banken, Politik und Justiz. Das Vertrauen in den Rechtsstaat habe er verloren. Und so streitet er weiter: der kleine Mann gegen die große Bank.

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4 Kommentare

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  • A
    alex

    Die verbrecherische Vorgehensweise der Bankmitarbeiter welche zur Vernichtung der Volkswirtschaft geführt haben und die radikale Überschuldung insbesondere der österreichischen "Kreditinstitute" sollten den Staat dazu zwingen diese Finanzbordelle sofort zu enteignen und die Betreiber zu inhaftieren. Da die Politik offensichtlich bereits Handlungsunfähig ist kann nur mehr der Bürger - und also der Staat - selbst handeln und die Enteignung beenden Hebt alles Geld ab nehmt es den Banken weg und gebt es selbst aus bevor es weg ist - das ganze hält noch 3-4 Monate dann ist die Kohle nix mehr wert.

  • VD
    Volker Dau

    Man kann Herrn Maegdefrau nur viel Erfolg bei seinem Rechtsstreit wünschen, denn für viele Insider hat der "Roco-Crash" wohl manch merkwürdigen Beigeschmack?

    Immerhin war Herr M. wohl bei KTM ein erfolgreicher Sanierer und die Familie Rössler hatte soviel Vertrauen zu ihrem Ex-Mitarbeiter, diesem die Fa zur Weiterführung anzuvertrauen! Warten wir es also ab, da gibt´s sicher noch viel zu tun.

    Volker Dau, Roco - Händler seit 1977,Dau-Bahn+Modell,Hofsteder Str.205 44809 Bochum

  • RS
    Rolf Schälike

    Ein solch gelagertes "Übernahhemodell" habe ich bei einer der größten Hamburger Firmen von deren verantwortlichen Mitarbeitern erklärt bekommen.

     

    Erläutert wurde mir das konkret an dem mir bekannten Fall: an der Übernahme einer kleineren Bremer Anlagenbaufirma, welche es vergessen hatte mit der Zulieferung von Teilanlagen von einem Wert von ca. 4 Millionen DM, die technischen Unterlagen (Dokumentation) ins Russische zu übersetzen. Die Bremer Firma nahm an, die Übersetzung macht der Hamburger Auftraggeber. Da ich bei den Abnahmen der Anlage in Hamburg dolmetschte, wusste ich auch, dass es keinen Eilbedarf an der Übersetzung ins Russische gab. Die russischen Abnehmer haben die fehlende Übersetzung auch nicht beanstandet und keine Bedingungen daran geknüpft. Die Übersetzung wurde dem Auftraggeber mit einer Verspätung von 1 Monat - Wert von ca. 40.000,00 DM - übergeben. So lange hat die Hamburger Firma die Überweisung der ca. 4 Millionen für die funktionierenden, technisch abgenommenen, nicht beanstandeten Zulieferungen an die Bremer Firma verzögert. Die Bremer Firma konnten ihren Bankverpflichtungen nicht nachkommen, ging in Konkurs. Das große Hamburger Unternehmen "rettete" durch Übernahme die Bremer. Die Gesamtanlage im Wert von ca. 25 Millionen DM konnte immer noch nicht übergeben, weil die Hamburger Firma wesentliche Konstruktions- und Planungsmängel der Gesamtanlage nicht beheben konnte

     

    In Russland gehört ein solches Geschäftsmodell zum Ausbau der Macht einiger Oligarchen.

     

    Dass die lebensfremde bzw. mit eingebundene Justiz solche Geschäftsmodelle unterstützt ist ein offenes Geheimnis. Auch bei Kenntnis des oben Beschriebenen hätte die Bremer Firma vor Gericht verloren, denn solche Übernahmemodelle sind legal. Alles nach den lebensfremden, in sich widersprüchlichen Gesetzen. Abwägung heißt das bei den Juristen.

     

    Anmerkung: Der Liefervertrag zwischen der Hamburger und der Bremer Firma war einige hundert Seiten lang und beinhaltete tausende technische und juristische, kompliziert umschriebene Details. Das mit der Übersetzunmg war sehr gut versteckt in den hunderten von Seiten.

  • TR
    Thomas R. Koll

    Der Filz im österreichischen Bankenwesen ist so übel dass man sich als deutscher Unternehmer besser fernhalten sollte. Man muss sich ja nurmal anschaun was bei Atomic ablief...