Chefin der UN-Mission über den Kongo: "Wir brauchen mehr Soldaten"
Hiroute Gebreselassie, Chefin der UN-Mission im Kongo (Monuc) im ostkongolesischen Goma, begründet die neue UN-Bitte nach einer zusätzlichen EU-Truppe im Kongo.
taz: Frau Gebreselassie, erst letzte Woche hat Belgien eine Bitte der UNO abgelehnt, Truppen in den Osten der Demokratischen Republik Kongo zu schicken, weil es keine Aussichten auf genügend europäische Beteiligung gab. Jetzt reicht die UNO eine erneute Bitte direkt bei der EU ein. Wieso?
Hiroute Gebreselassie: Weil die Monuc (UN-Mission im Kongo) weiterhin Aufgaben erledigen muss, die ihre Kräfte übersteigen. Angesichts anhaltender Kämpfer brauchen wir mehr Soldaten zum Schutz von Zivilbevölkerung und Vertriebenen und zur Lieferung humanitärer Hilfe. Solange die vom UN-Sicherheitsrat versprochenen zusätzlichen UN-Truppen nicht da sind, kann eine zusätzliche Streitmacht die Monuc entlasten. Mir scheint dies vor allem im humanitären Kontext wichtig zu sein.
Aber die Monuc hat schon 17.000 Soldaten im Kongo.
Das sind nicht alles Kampftruppen. Manche sind in der Logistik, in der Wartung, in der Kommunikation. 85 Prozent der Truppe sind im Ostkongo, 60 Prozent in der Kriegsprovinz Nord-Kivu. Wir sind dabei, unsere Mission umzustellen, wegen der drängenden Herausforderungen in Nord-Kivu. Aber das heißt, Truppen aus anderen Landesteilen abzuziehen, womit diese Teile verwundbar werden, und so sind zusätzliche Truppen wichtig.
Die UNO sucht mehr Blauhelme, und es könnten welche aus Indien kommen, aber die lehnt Kongos Regierung ab.
Mir ist nicht klar, worum es dabei geht. In Nord-Kivu sind 70 Prozent unserer Soldaten aus Indien, und sie erfüllen ihre Aufgaben in einem sehr schwierigen Umfeld. Man muss das anerkennen. In Nord-Kivu gibt es keine Straßen, alle bewaffnete Gruppen nehmen an Kämpfen teil, und die indischen Truppen erfüllen das Monuc-Mandat. Sie sind viel kompetenter als viele andere Truppen im Kongo. Die UNO sollte stolz auf sie sein.
Egal ob UNO oder nicht, die Truppensteller fragen sich: Wie lange soll ein Einsatz dauern? Man hat ja nicht den Eindruck, dass Frieden vor der Tür steht.
Genau deswegen brauchen wir in dieser Zeit intensiver Kämpfe mehr Soldaten. In den Orten Kiwandja und Rutshuru haben wir 120.000 Menschen, deren Schutz von 120 Blauhelmsoldaten abhängt, zum Beispiel.
Sie haben es mit einer Vielzahl von Unruhestiftern zu tun. Wie sehen Sie die Lage?
Die Herausforderungen sind immens. In Nord-Kivu gibt es schätzungsweise 35.000 Kämpfer, von denen viele kein klares Ziel und keine klare Kommandostruktur haben - was nicht für alle bewaffnete Gruppen gilt. Auch Kongos Armee hat Schwierigkeiten, und es gibt Deserteure. 70 Prozent der Bevölkerung Nord-Kivus sind entweder vertrieben oder haben Vertriebene aufgenommen. In so einem Umfeld kann man nicht alles tun, was wünschenswert wäre.
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