Mutmaßlicher Chef-Planer von Bombay-Anschlägen: Pakistan nimmt Verdächtigen fest

Ein mutmaßlicher Drahtzieher der Terroranschläge von Bombay ist in Pakistan festgenommen worden. Islamisten haben in dem Land zudem abermals ein Nato-Depot zerstört.

Angegriffener Nachschublastwagen der NATO in Pakistan. Bild: dpa

Anderthalb Wochen nach dem Terrorangriff von Bombay mit 172 Toten geht Pakistan gegen mutmaßliche Drahtzieher vor. Sicherheitskräfte stürmten in Muzaffarabad im pakistanischen Teil Kaschmirs ein Camp der Jamaat-ud-Dawa und nahm mehrere Männer fest. Die Organisation gilt als Front der verbotenen Extremistengruppe Lashkar-e-Toiba (LeT), die Indien und der US-Geheimdienst CIA der Terrorattacke beschuldigen.

Augenzeugen berichteten von einem Militär- und Hubschraubereinsatz sowie von Schüssen und Explosionen. Bei der Operation, die bereits am Sonntag erfolgte, hätten die Soldaten 15 Männer festgenommen, erklärte ein Sprecher der Sicherheitskräfte. Unter ihnen soll auch Zaki-ur-Rehman Lakhvi sein. Der einzige überlebende Attentäter von Bombay, Azam Amir Qasab, soll in Verhören ausgesagt haben, Lakhvi und ein anderer Islamist hätten ihn angeworben.

Damit hält die Regierung in Islamabad Wort. Bereits kurz nach dem Terrorangriff auf zwei Luxushotels, ein jüdisches Zentrum, den Hauptbahnhof und weitere Ziele in der indischen Wirtschaftsmetropole hatte Präsident Asif Ali Zardari verkündet, Pakistan werde sich auf die Suche nach den Schuldigen machen. Auch Außenminister Shah Mehmood Qureshi hatte eine Zusammenarbeit mit Delhi angekündigt, sofern Indien beweisen könne, dass die Tat in Pakistan geplant wurde.

Dennoch verschärfte Delhi anschließend deutlich den Ton, Außenminister Pranab Mukherjee deutete zuletzt sogar an, es könne zu Luftangriffen auf Ziele in Pakistan kommen. Indiens Regierung steht wegen zahlreicher Versäumnisse ihres Geheimdienstes und ihrer Sicherheitsdienste heftig in der Kritik und versuchte mit ihren Verbalattacken die Aufmerksamkeit von sich abzulenken.

Trotz der Festnahmen steht die Regierung in Islamabad jetzt die größte Aufgabe erst noch bevor. Die LeT und andere militante Islamistengruppen sind ein Erbe der langjährigen Militärdiktaturen. Die LeT wurde Ende der 80er-Jahre mit Unterstützung des Militärgeheimdienstes Inter-Services Intelligence (ISI) gegründet, um im indischen Teil Kaschmirs gegen das dortige Militär zu kämpfen. ISI-Offiziere bildeten die Extremisten aus und versorgten sie mit Waffen. Pakistans Militärdiktator Pervez Musharraf bezeichnete die Gruppen lange als "Freiheitskämpfer".

Erst die Anschläge vom 11. September 2001 brachten die Wende: Die USA zwangen Musharraf eine Allianz auf. Als mutmaßliche LeT-Kämpfer im Dezember 2001 versuchten, das indische Parlament zu stürmten, kam es zwischen Indien und Pakistan fast zum Krieg. Musharraf ließ zahlreiche Gruppen, darunter die LeT, verbieten und ihre Anführer medienwirksam festnehmen. Diese kamen jedoch bald wieder frei. LeT-Gründer Hafiz Saeed, ein früherer Professor für Islamstudien, übernahm darauf die Führung der Jamaat-ud-Dawa, deren Camp die Armee jetzt stürmte.

Beobachter gehen davon aus, dass Teile der Armee und des Geheimdienstes bis heute die militanten Islamisten unterstützen, die jetzige, demokratisch gewählte Führung des Landes aber nichts mit ihnen zu tun hat. Im Gegenteil: Der pakistanische Staat gerät selbst immer stärker in deren Visier. Erst in der Nacht zum Montag griffen bewaffnete Islamisten zum zweiten Mal innerhalb von zwei Tagen im nordwestlichen Peschawar ein Depot mit Lkws an, die Nachschub an US-geführte Truppen im benachbarten Afghanistan liefern. Die Angreifer steckten dabei 50 Fahrzeuge in Brand. Am Sonntag hatten 300 Bewaffnete in einem anderen Lager der Stadt angegriffen rund 90 Lkws zerstört. Die Lage in Peschawar galt bis vor wenigen Wochen als relativ ruhig. Mit einem so schweren Angriff hatte niemand gerechnet. Die US-Regierung spielte die Attacke vom Sonntag herunter und bezeichnete sie als "militärisch unbedeutend". Doch weitere solche Angriffe könnten die Supermacht in ihrem Krieg gegen die Taliban in Bedrängnis bringen.

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