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Stromerzeugung mit AbgaswärmeEnergiegewinnung im Auspuff

Autohersteller entwickeln zusammen mit Raumfahrtexperten einen Thermogenerator, der die Abgaswärme eines Autos in Elektroenergie umwandeln kann.

Könnte in Zukunft mit Abgaswärme betrieben werden: Bordelektronik. Bild: dpa

Rechtzeitig zur Katerstimmung in der Automobilbranche veröffentlichen das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und BMW ein spektakuläres Testergebnis. Die Wärme aus dem Abgas eines Mittelklassewagens wurde in dieser Woche erstmals erfolgreich genutzt, um Strom zu erzeugen. Mithilfe eines thermoelektrischen Generators konnte bei einer Geschwindigkeit von 130 Kilometer pro Stunde aus dem heißen Abgas eine Stromleistung von 200 Watt gewonnen werden.

Die Umwandlung von Wärme in Strom ohne den üblichen Umweg über Dampferzeugung, Turbine und Generator beruht auf einem physikalischen Phänomen, das der Physiker Thomas Seebeck bereits 1821 entdeckte.

Zwischen zwei Punkten eines elektrischen Leiters, so stellte der Goethe-Gefährte fest, entsteht eine elektrische Spannung, wenn dieser Leiter unterschiedliche Temperaturen aufweisen. Bislang wurde dieser Effekt vorwiegend in der Raumfahrt genutzt. So ist es nicht verwunderlich, dass die bayerischen Autobauer mit der DLR gemeinsame Sache machten.

"Durch große Fortschritte in der Werkstoffforschung kommt die Nutzung der Abgaswärme im Kraftfahrzeug in greifbare Nähe und könnte so in Zukunft zur Emissionsreduzierung beitragen", sagt Professor Horst Friedrich, Leiter des DLR-Instituts für Fahrzeugkonzepte in Stuttgart.

Die unter den Fahrzeugboden montierte Anlage ist tatsächlich viel komplizierter als die ersten Versuchsanlagen aus dem 19. Jahrhundert, wobei die Ursache des Spannungsaufbaus die gleiche ist. Elektronen in kalter Umgebung zieht es in wärmere Gefilde. Der nun in den Abgasstrang des Autos eingebaute thermoelektrische Generator besteht aus drei Heißgas- und vier Kühlmittelwärmeüberträgern, die abwechselnd mit insgesamt 24 thermoelektrischen Modulen aus dem Halbleitermaterial Wismut-Tellurid in Schichten aufgebaut sind.

Insgesamt steckt die Technik noch in den Kinderschuhen. Die Entwickler des Abgaskraftwerks halten aber eine Energieersparnis in Kraftfahrzeugen von einigen Prozentpunkten für realistisch. Im Moment erreicht die Anlage noch nicht einmal einen halben Prozent elektrische Leistung im Verhältnis zur Motorleistung. Natürlich könnte der thermoelektrische Generator, wäre er bis zur Marktreife entwickelt, überall dort eingesetzt werden, wo hohe Temperaturunterschiede auftreten.

Ob der nun in Stuttgart vorgestellte Prototyp ein Heilmittel für die kriselnde Autoindustrie ist, bleibt fraglich. Autos müssten deutlich mehr Sprit sparen, um für Käufer attraktiv zu werden. Und gerade die Edelkarossenhersteller aus München, Ingolstadt und Stuttgart haben bislang jede energiesparende Innovation dazu genutzt, um weitere gewichtige und damit spritfressende Herrenspielzeuge an Bord zu nehmen. Mit den 200 Watt des Thermogenerators lässt sich kaum eine zünftige Subwoofer-Anlage betreiben.

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