Finanzkrise online: Die Web-2.0-Blase platzt

Nicht nur sozialen Netzwerken im Internet geht das Geld aus: Seit August haben 300 IT-Firmen Mitarbeiter entlassen.

Die Krise erreicht die IT-Branche: Google-Mitarbeiter müssen sogar aufs Weihnachtsgeld verzichten. Bild: ap

BERLIN taz Die letzten drei Jahre lang gab es einen kleinen Hype in der Internetszene: Wie weiland zu Dotcom-Zeiten Ende der Neunzigerjahre gründeten sich in Europa, Asien und den USA zahlreiche Jungfirmen, auch Start-ups genannt. Sie alle gehörten dem "Web 2.0"-Sektor an. Im sogenannten Mitmachnetz entstanden soziale Netzwerke, Videoportale oder Vertreiber von "Widgets", Miniprogrammen, die man sich auf seine Website "kleben" kann. Die Firmen wurden hoch geschätzt, das Social Network Facebook sollte zwischenzeitlich zum Beispiel 15 Milliarden Dollar wert sein. Doch nun schlägt die Finanzkrise zu.

Viele Web 2.0-Firmen sind nicht profitabel, sie wurden mithilfe von Risikokapital finanziert. Und nun, in der weltweiten Krise, fehlt ihnen der Exit, der Ausweg. Unter Exit versteht die Start-up-Branche, dass eine junge Firma an eine größere verkauft wird oder dass sie an der Börse landet, wo es neues Kapital gibt. Seit der Krise der "New Economy" Anfang 2000 sind die Börsengänge von Internetfirmen jedoch schon erschwert worden, vor allem in den USA. Die Vorgaben sollen erneute Pleiten an den Finanzplätzen verhindern. Der Verwaltungsaufwand ist enorm, sechs- bis siebenstellige Jahresbeträge werden fällig, will man sich an der Börse halten. So ging schon in den letzten Jahren so gut wie keine Internetfirma mehr an die Börse. Nur Google erregte 2004 noch mal Aufsehen. In Deutschland war zwei Jahre später das Businessnetzwerk Xing einer der wenigen Börsenkandidaten.

So bleibt den Start-up-Chefs derzeit nur die Möglichkeit, ihr Unternehmen zu verkaufen. Doch die großen Konzerne sind sparsam geworden, sie entlassen selbst. Die Aktienkurse von Netzriesen wie Google oder Yahoo sind unter massiven Druck geraten und um mehr als die Hälfte der Höchststände eingebrochen. Yahoo entließ 10 Prozent seiner Beschäftigten, Google strich das Weihnachtsgeld.

Wie es weitergeht im Silicon Valley und anderswo, weiß derzeit niemand. Große Risikokapitalanbieter forderten die Firmen, die sie finanzieren, dazu auf, zu sparen und Mitarbeiter zu entlassen. Die Gründer kommen dem nach. Beim Geschäftsnetz LinkedIn wurde jeder zehnte Mitarbeiter entlassen, beim Blog-Start-up Six Apart wurden 8 Prozent der Belegschaft gekündigt. Der "Lay-off Tracker" der Start-up-Nachrichtenseite TechCrunch verzeichnet weltweit gut 300 IT-Firmen, die seit August Mitarbeiter rausgeschmissen haben. BEN SCHWAN

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