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Asse in neuer VerantwortungBundesamt übernimmt Atommülllager

Das Bundesamt für Strahlenschutz hat nun das Sagen und bekräftigt: Geflutet wird nicht. Den Gegnern reicht das nicht. Sie befürchten, dass Asse eine Art Endlager wird.

Noch ist unklar, welchen Weg der Bund bei der Asse gehen wird. Bild: ap

HANNOVER taz Voller guter Vorsätze hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) am Montag am Atommülllager Asse ein Informationszentrum eröffnet. Maßstab bei der Schließung des Bergwerks mit 126.000 Atommüllfässern werde "die Sicherheit für Mensch und Umwelt" sein, versicherte BfS-Präsident Wolfram König bei der Einweihung der Infostelle. Zugleich erklärte er, dass die umstrittenen Pläne zur Flutung des Lagers vom Tisch seien. Man werde "andere Konzepte zur Schließung der Anlage prüfen".

Das BfS hat zum Jahreswechsel die Verantwortung für das Atommülllager bei Wolfenbüttel übernommen. Man werde die Öffentlichkeit "über alle Schritte bei der Schließung der Asse informieren", kündigte König an. Es gelte, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.

Der Offensive von Bundesamt und Bundesumweltministerium begegnen die AKW-Gegner aus der Region allerdings mit Misstrauen. Vor der Eröffnung versammelten sich mehrere Dutzend Atomkraftgegner zu einer Mahnwache. Sie monieren vor allem die Änderung des Atomgesetzes, die die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem Übergang der Verantwortung für die Asse vom Bundesforschungsministerium auf Umweltministerium und BfS beschlossen hat. Speziell für die Asse will Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) einen Paragrafen 57 b in das Gesetz einfügen. Danach ist für das Atommülllager nur für die Schließung ein Planfeststellungsverfahren vorgesehen, für den Weiterbetrieb bis zur Stilllegung ausdrücklich nicht.

"Damit wird der rechtliche Status der Altlast Asse grundlegend verändert", kritisierte gestern der altgediente Asse-Gegner und Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, Peter Dickel. "Aus unserer Sicht ist die Asse rechtlich bislang kein Endlager, sondern ein Versuchslabor voller Atommüllfässer." Durch die Änderung bekäme das ehemalige Salzbergwerk einen ähnlichen Sonderstatus wie das von der DDR übernommene Endlager Morsleben.

Ähnlich äußerte sich auch Udo Dettmann vom Asse-II-Koordinationskreis. "Wir wollen, dass die Asse nach Atomrecht behandelt wird und nicht, dass das Atomrecht dem Zustand in der Asse angepasst wird", sagte er. Für die Einlagerung in der Asse hatte es nie ein atomrechtliches Genehmigungsverfahren gegeben. Als die Regelungen über die Entsorgung in Kraft traten, wurde die Einlagerung in dem Versuchsendlager eingestellt.

Die Asse-Gegner hatten gefordert, die Maßstäbe des Atomgesetzes anzulegen. "Wenn für die Asse kein Sonderrecht, sondern Atomrecht gilt, muss auch ein normales Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden", sagt Dickel. Man müsse prüfen, ob das ehemalige Salzbergwerk für die Lagerung von Atommüll geeignet sei. "Falls die Asse die Anforderungen nicht erfüllt, muss man den Atommüll wieder herausholen und anderweitig ordnungsgemäß entsorgen."

Diesen unter Umständen teuren Weg wolle das Umweltministerium nicht gehen. Dickel: "Stattdessen wird viel Geld in Propaganda investiert."

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6 Kommentare

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  • E
    emil

    Um schneller die Atommüllanhäufung zu beenden, auch die GAU Risiken, die mit jedem laufenden AKW existieren, könnte längst in viel größerem Umfang damit begonnen worden sein, in Wüsten Afrikas, Asiens und Australiens mit Solarenergie und Windenergie Wasserstoff herzustellen.

     

    Erdwärme (Island, Toskana, Rocky Mt.s, Anden/Kordilleren u.s.w.) und Wellenkraft (Wave Dragon u.a.) auch nicht zu vergessen.

     

    Erdöl & Erdgas wird ja schließlich auch importiert. Am Anfang ist es zwar teuer, aber würde schnell billiger werden und die Kosten der Klimakatastrophe durch fossile Verbrennungen und die potenziellen Kosten von AKW-GAU und Atommüll sind keineswegs mit Sicherheit geringer.

  • MB
    mahatma bhaktavatsalam

    Ergänzung zu meinem vorherigen Kommentar: Natürlich nicht nur Nordeuropa. Im Süden allerdings evtl. größerer Anteil an Solarenergie, wogegen der Norden mehr Wellenkraft u.a. nutzen müsste - als größeren Anteil am Gesamtmix, so war das gemeint.

  • MB
    mahatma bhaktavatsalam

    Durch Effizienzsteigerungen und Energieeinsparung, sowie einen massiven, endlich wirklich beherzten Ausbau eines europäischen Grid Systems, in dem Erneuerbarer Energien vernetzt sind, könnte ganz Nordeuropa bis spätestens 2020 vollständig von weiterer Atommüllanhäufung befreit sein,

     

    aufgrund von Solar- und Erdwärme, Windkraft und nicht zuletzt Wellenkraft (z.B. des Modells Wave Dragon oder in einigen Jahren auch Anaconda u.a.).

     

    Ich bin keineswegs optimistisch, dass die Regierungen (und ihre Wahlvölker) so klug sein werden, aber sie sollen später nicht sagen, niemand hätte es wissen können.

  • K
    Karl

    Ob die "Politik" nun versagt hat ist weitgehend eine Frage des Standpunktes.

     

    Von Seite der indirekt und direkt betroffenen Menschen hat sie sicherlich versagt. Schon der geologishce Kentnisstand er 60er hat ausgereicht alles deutlich vorsichtiger umsusetzen als es dann tatsächlich geschehen ist. Allein die AUswahl der Asse auf einem solch großen Lineament zieht deren Eignung in Zweifel.

    Offenbar lag das Primat der Entscheidung aber nicht auf einer technisch-wissenschaftlichen Ebene.

     

    Daggen hat die Politik aus Sicht derjenigen, die ddie Müllentstehung in diser Größenordnung erst möglich gemacht haben, sicher gut funktioniert!

     

    Der Kram ist weg, nur sehr schlecht zugänglich, und hoffentlich sind möglichst viele alte Unterlagen "nicht mehr vorhanden". Treffen diese Erwartungen ein, so war dann eben alles ok. Das ist nicht nur beim Atommüll so! Billigende Inkaufnahme eben; eine Riesenschweinerei!

     

    Glück auf!

     

    Karl

  • IN
    Ihr Name jürgen adam

    fragt denn keiner mehr wer dieses desaster zu verantworten hat? wer hat profitiert?

    wer war verantwortlich? wer hatte die möglichkeit das so lange zu vertuschen? hat die politik nur versagt oder ist einfach zu viel geld im spiel?

     

    na ja, wer die schäden jetzt bezahlen muss ist ja klar! das sind strahlende aussichten.

  • K
    Karl

    Solange die Asse weiterhin (geogen?) volläuft wird nicht vom Betreiber geflutet; immerhin gut zu wissen.

     

    Dahinter steht wohl die Überlegung die bisher gelöste Fraktion der Einlagerungsmasse noch weiter verdünnen zu lassen?

     

    Fachleute scheinen in diesem Fall primär auf der juristischen Ebene zu agieren; einfach traurig.

     

    Glück auf!

     

    Karl