Nun singen sie wieder

Heute startet RTL die dritte Staffel „Deutschland sucht den Superstar“ (20.15 Uhr) und verspricht „viele Neuerungen“. Aber stimmt das auch? Immerhin ist Dieter Bohlen wieder mit dabei

VON HANNAH PILARCZYK
UND PEER SCHADERDas Konzept

Das war: Im Grunde genommen ist „Deutschland sucht den Superstar“ ganz einfach zu erklären: Tausende vom TV-Starkult illusionierte junge Menschen versuchen vergeblich, eine motzige Jury von ihrem nicht vorhandenen Gesangstalent zu überzeugen, und müssen sich von Dieter Bohlen ätzende Sprüche reindrücken lassen. Eine Hand voll Kandidaten, die entweder wirklich singen können oder gut aussehen oder keines von beidem und Daniel Küblböck heißen, bleibt übrig, duelliert sich in so genannten Mottoshows und lässt sich wieder von Dieter Bohlen beschimpfen. Hinterher „wählen“ die Zuschauer mit überteuerten Hotlines einen Sieger, der mit einem langweiligen Song in die Charts kommt.

Das kommt: Eigentlich bleibt alles beim Alten, soweit sich das derzeit überblicken lässt. Bloß eines ist neu, damit die Quoten nicht wieder so enttäuschen wie bei der zweiten Staffel: Damit „DSDS“ diesmal nach der langwierigen Vorauswahl der Kandidaten schneller zu den quotenträchtigen Mottoshows kommt, treten ab Mitte Dezember jeweils 10 Frauen und 10 Männer in vier so genannten Top-20-Shows an, wobei im ersten Durchgang sieben weiterkommen und drei nicht, im zweiten nur noch fünf, sodass insgesamt … – zu viele Zahlen? Na gut. Also: Vermutlich macht es keinen Unterschied.

Das bringt’s: nichts.

Die Moderatoren

Das war: Michelle Hunziker und Carsten „The Ring“ Spengemann. Ihre unbeholfene, weil moderationsungeschulte Art war wohl das Unprofessionellste an den bisherigen Staffeln – und entwickelte gerade deshalb einen ganz eigenen Charme. Unter Fans übrigens hoch geschätzt: die Szene aus der RTL-Serie „Beauty Queen“, in der Carsten Spengemann als Schönheitschirurg sich mit einer frisch operierten Patientin vergnügt, ihr dabei aber der Nasenverband aufspringt und er ihr während des Sex das Blut abtupfen muss.

Das kommt: Tooske Ragas und Marco Schreyl. Ragas hat bereits in ihrer Heimat Holland zwei Staffeln von „DSDS“ moderiert. Schreyl („Hallo Deutschland“) ist vom ZDF weggekauft worden. Er ist der wohl schleimig-schönste Schwiegersohn des deutschen Fernsehens. Von ihr weiß man nur, dass sie einen holländischen Akzent hat – was in Deutschland ja irgendwie als telegen (oder besser: tele-fon?) gilt.

Das bringt’s: Wo Spengemann trashig-schmierig war, ist Schreyl nur schmierig-schmierig. Wird also eher schlimmer.

Die Jury

Das war: Vor allem war Dieter Bohlen. Oder erinnern Sie sich noch an Thomas M. Stein, Thomas Bug – und wer war überhaupt Shona Fraser?

Das kommt: Vor allem wieder Dieter Bohlen. Der Rest der Jury wurde zwar ausgetauscht, aber ob die Ex-Musikindustrieangestellten Sylvia Kollek und Heinz Henn wirklich einen wesentlichen Beitrag zum Unterhaltungswert der Show leisten können, muss nach den ersten von RTL veröffentlichten Casting-Sprüchen wie „Da wird das heiße Wasser in der Dusche kalt, wenn du da singen würdest“ (Henn) und „Du bist echt so ein megacooler Typ. Aber da ist ein großer Haken. Und das ist der Gesang!“ (Kollek) erst mal stark bezweifelt werden.

Das bringt’s: Bohlen bleibt Bohlen. Der Rest ist nur belangloses Beiwerk. Also alles wie immer.

Die Nebenwirkungen

Das war: Kennen Sie das schöne Wort „Verwertungskette“? Wissen Sie auch, wer’s (neu) erfunden hat? Genau: RTL. Und was es bedeutet? Na, aus Fernsehen richtig Kohle machen. Nicht bloß mit Werbung, sondern mit Klingeltönen, Fan-Magazinen, Konzerten, DVDs … – und so weiter. Übrigens unerlässlich für eine funktionierende „Verwertungskette“: ein „Knebelvertrag“.

Das kommt: Crosspromotion as usual. Weil RTL-Ableger Vox inzwischen ein funktionierendes Abendprogramm hat, läuft die „DSDS“-Begleitshow diesmal bei Super RTL.

Und natürlich wird RTL sich mordsmäßig anstrengen, den üblichen Ramsch unters Fernsehvolk zu bringen. Online funktioniert das längst, und zwar so wie im Vorabinterview mit Tooske Ragas, die sich mit RTL.de über Musik unterhalten hat und von der Redaktion in die Antworten immer wieder den nützlichen Hinweis hineinredigiert bekommt: „(Diesen Song bei RTLmusik-Download herunterladen)“ – für 1,29 Euro.

Das bringt’s: wahrscheinlich wieder eine Menge Geld.

Die anderen

Das war: In der ersten Staffel machte Bild auf inoffizielles „DSDS“-Fan-Magazin und nervte wochenlang mit Küblböck-Schlagzeilen. Dessen Gurkenlaster-Unfall schaffte es außerdem in die 20-Uhr-„Tagesschau“ – allgemein anerkannt als Tiefpunkt öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Genauso wie Küblböcks Wahl zum 17-wichtigsten Deutschen aller Zeiten im ZDF.

Das kommt: Wer Bild verdächtigt, künftig nur noch groß über ProSiebenSat.1 berichten zu wollen, weil Springer die Sendergruppe gekauft hat, bekommt aus der Chefredaktion üblicherweise zu hören: An großen Events wie „DSDS“ komme Bild auch zukünftig nicht vorbei, selbst wenn sie bei der künftigen Konkurrenz laufen. Mal sehen, was da dran ist. Je nachdem wie sich die Quoten entwickeln, werden wahrscheinlich auch Größe und Häufigkeit der Bild-Schlagzeilen ausfallen. Bei ARD und ZDF hat man sich bereits Küblböck-reumütig gezeigt und weiteren Fehlgriffen dieser Art abgeschworen.

Das bringt’s: keine „Superstar“-Meldungen auf der taz-Medienseite innerhalb der nächsten zwei Wochen. Versprochen!