Kommentar Opel-Rettung: Menschen statt Autos

Opel zu retten, würde sehr teuer. Denn nicht nur die Pleite-Mutter General Motors ist marode, auch die deutsche Tochter. Deutschland sollte lieber in betroffene Beschäftigte investieren.

26.000 Arbeitsplätze sind bei Opel gefährdet, weil der US-Mutterkonzern General Motors auf die Pleite zusteuert. Da regt sich sofort Mitgefühl und auch die Hoffnung, dass es doch möglich sein müsste, Opel vor dem Konkurs zu retten und als eigenständige deutsche Firma weiterzuführen. Warum, so die Idee, sollte Opel nicht ein zweiter VW-Konzern werden - und ebenfalls zum Teil dem deutschen Staat gehören? Bloß nicht! Opel zu retten würde sehr teuer für den Steuerzahler.

Zwar wird gern behauptet, dass Opel eigentlich ein kerngesundes Unternehmen wäre, wenn es nur nicht die Pleite-Mutter General Motors gäbe. Doch tatsächlich ist auch die deutsche Tochter marode: Im Jahr 2000 wurden noch rund 411.000 neue Opel in der Bundesrepublik zugelassen; 2007 waren es nur noch 285.000. Kein anderer deutscher Automobilkonzern hat so viele Kunden verloren. Auch das neue Modell "Insignia" wird Opel nicht retten, obwohl es zum "Car of the Year 2009" gewählt wurde. Wer sollte es denn kaufen mitten in der schwersten Rezession, die Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg erlebt?

Weltweit wird die Automobilindustrie schrumpfen müssen, denn die strukturellen Überkapazitäten werden auf 20 bis 30 Prozent geschätzt. Dagegen kann sich kein Staat stemmen, indem er einzelne Firmen subventioniert. Auch die deutschen Werften hat man nicht gerettet, obwohl sie Milliarden an Steuergeldern gekostet haben. Hinzu kommt die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung: Subventionen für Opel könnten zum Beispiel VW schaden, denn die beiden Firmen konkurrieren ja um ähnliche Kunden.

In der deutschen Automobilindustrie - und voran bei Opel - werden Stellen verloren gehen. Dass dieser Gedanke so viel Schrecken auslöst, hat auch damit zu tun, dass Arbeitslosigkeit in Deutschland mit Armut bestraft wird. Nach einem Jahr droht Hartz IV. Wenn der deutsche Staat also Geld ausgeben will, dann sollte er nicht marode Firmen unterstützen, sondern direkt in die betroffenen Beschäftigten investieren. Dazu gehören natürlich Umschulungsmaßnahmen; dazu sollte aber auch zählen, Arbeitslose großzügiger zu unterstützen.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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