US-Senator Kerry in Damaskus: Syrien nicht mehr auf böser Achse

Kerry sieht nach dem Treffen mit Assad Optionen auf eine Kooperation. Damaskus hofft auf das Ende der Sanktionen, die USA erwarten, dass Syrien Hamas und Hisbollah mäßigt.

Gespräch auf gleicher Augenhöhe: Syriens Präsident Assad (li.) mit US-Senator John Kerry Bild: rtr

KAIRO taz Es sind vollkommen neue Töne, die dieser Tage zwischen Washington und Damaskus angeschlagen werden. "Es gibt Möglichkeiten für echte Kooperation," erklärte John Kerry bei seinem Besuch in der syrischen Hauptstadt in seiner Funktion als Vorsitzender des Komitees für Auswärtige Beziehungen im US-Senat. Kerry, der 2004 als demokratischer Präsidentschaftskandidat gegen George W. Bush angetreten war, lotet derzeit mit einer Nahostreise die Möglichkeiten einer neuen Politik von US-Präsidenten Barack Obama in der Region aus.

"Sehr lang und sehr offen" sei das Gespräch mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad gewesen, sagte Kerry. Es gebe aber weiterhin Meinungsverschiedenheiten. Er habe aber den Eindruck, dass "die Möglichkeit echter Kooperation in einer Reihe verschiedener Fragen sofort und bald beginnen kann". Al-Assad seinerseits beschrieb den Besuch Kerrys als "positiv". Dabei gab er sich selbstbewusst. "Wir sind ein wichtiger Spieler in der Region. Wer Frieden will, kann den nicht ohne Syrien erreichen", erklärte der syrische Staatschef gegenüber dem britischen Guardian und gab Obama Vorschusslorbeeren. "Wir haben den Eindruck, diese US-Regierung wird anders sein, und wir haben schon einige Signale bemerkt."

Vorbei sind die Zeiten, als Bush Syrien zur "Achse des Bösen" zählte. Syrien erwartet nun, das Washington den 2005 aus Damaskus abgezogenen US-Botschafter wieder einsetzt und die Wirtschaftssanktionen aufhebt. Als Gegenzug dürfte Obama syrische Kooperationsbereitschaft erwarten. Kerry sprach mehrere Streitpunkte an, etwa die Unterstützung irakischer Aufständischer. "Wir verspürten bei den Syrern einen großen Willen, unsere Bemühungen im Irak zu unterstützen", deutet er an.

Die US-Regierung weiß auch, dass die Kommunikationswege zur palästinensischen Hamas und zur libanesischen Hisbollah über Damaskus führen. Bisher weigert sich Washington, mit beiden direkt zu sprechen. Die Hamas hat bereits Gesprächsbereitschaft signalisiert und Kerry vergangene Woche bei einem Besuch in Gaza einen Brief an Obama überreicht, dessen Inhalt allerdings nicht bekannt ist.

Vor allem bei den anstehenden Verhandlungen in Kairo über eine palästinensische Einheitsregierung zwischen Fatah und Hamas kann Syrien einen Beitrag leisten. Das wichtigste Hamas-Büro befindet sich in Damaskus. "Syrien könnte sich bei der Schaffung einer palästinensischen Einheitsregierung als sehr hilfreich erweisen", sagte Kerry offen. "Wir müssen bei den Problemen in Gaza einen großen Schritt nach vorn machen, genauso wie bei der Diskussion um eine Zweistaatenlösung zwischen Israel und den Palästinensern. Syrien hat mir gegenüber angedeutet, hier zu helfen."

Wie Syrien die Hamas, die von Damaskus als Befreiungs- und nicht als Terrororganisation gesehen wird, beeinflussen könnte, deutete der syrische Journalist Thabit Salim in einer Talkshow in dem Fernsehsender al-Arabija an. "Die Hamas sollte keine Raketen auf Zivilisten abfeuern, da eine Befreiungsorganisation eine Besatzung und nicht Zivilisten bekämpfen sollte", forderte er. KARIM EL-GAWHARY

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