Grünen-Antrag scheitert: "Frau Aufsichtsrätin" bleibt Rarität

Bis 2012 sollen 40 Prozent der Aufsichtsräte Frauen sein, fordern die Grünen - und scheitern damit im Bundestag.

Anzug und Krawatte: Wohl auch weiterhin dominantes Outfit bei Aufsichtsrats-Sitzungen. Bild: dpa

BERLIN taz Deutschlands Aufsichtsräte werden wohl auch in Zukunft männerdominiert bleiben. Ein Antrag der Bündnisgrünen für eine Quotierung fand am Donnerstag im Bundestag keine Unterstützung bei den anderen Parteien. Die Abgeordneten von Union, SPD und FDP stimmten dagegen, die der Linksfraktion enthielten sich.

Der Antrag hatte vorgesehen, dass bis 2012 40 Prozent der Aufsichtsratssitze von Frauen besetzt sein sollten, erklärte die federführende Grünen-Abgeordnete Irmingard Schewe-Gerigk. Wenn der Anteil bis dahin nicht über freiwillige Verpflichtungen erreicht wäre, sollten gesetzliche Regelungen folgen.

Am Mittwoch im Frauenausschuss hatten sich FDP- und Linkspartei-Abgeordnete noch enthalten und die SPD-Frauen zumindest Sympathie bekundet. "Wir stimmen aus reiner Koalitionsdisziplin gegen den Antrag", sagte die Sozialdemokratin Caren Marks. Nach einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten der 160 wichtigsten börsennotierten Unternehmen derzeit in Deutschland bei 9,3 Prozent. Nur weil die Hälfte der Posten von Arbeitnehmerseite besetzt werden, ist die Zahl nicht noch kleiner. Die Anteilseigner schicken nur 3,4 Prozent weibliche Vertreter in die Kontrollgremien.

Die Grünen haben sich mit ihrem Antrag an Norwegen orientiert. In Norwegen war Ende der 90er-Jahre jede 16. Führungsperson weiblich. Damals forderte die Ministerin für Familie und soziale Gleichstellung eine Quote von 25 Prozent. Doch es war dann ein konservativer Mann, der Industrieminister Ansgar Gabrielsen, der die Sache 2002 vorantrieb, 40 Prozent als Zielmarke festlegte - und durchsetzte. Dahinter steckte ökonomisches Kalkül.

Gabrielsen wollte "alle menschlichen Ressourcen der Gesellschaft nutzbar" machen. Zunächst gab er den Unternehmen die Möglichkeit, die Quote freiwillig zu erreichen. Dann kam das Gesetz: Unternehmen, die bis Ende 2007 weniger als einen 40-prozentigen Frauenanteil in den Aufsichtsräten hätten, sollten bestraft werden. Doch das war nicht nötig. Alle 500 börsennotierten Unternehmen in Norwegen haben die Vorgabe inzwischen erreicht. Das zahlt sich auch aus. Das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) etwa hat belegt, dass Pluralität in Kontrollgremien sich positiv aufs Ergebnis auswirkt.

Deutsche Unternehmen wollen das aber nicht wahrhaben. "Die Zusammensetzung der Kontrollgremien [hat] keine signifikanten Auswirkungen auf die Profitabilität und die Kursentwicklung eines Unternehmens", zitiert der Leverkusener Pharma- und Chemiekonzern Bayer eine Studie der norwegischen Universität Agder. Außerdem gäbe es nicht genug geeignete Frauen, weil "Aufsichtsratsmitglieder vor allem aus der ersten Führungsebene rekrutiert werden. Frauen sind derzeit auf dieser Ebene nur schwach vertreten".

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) ist nicht begeistert von einer 40-Prozent-Quote für Frauen. Diese würde altgediente Gewerkschaftsmänner von ihren Aufsichtsratssesseln verdrängen. In einer DGB-Stellungnahme heißt es: "Oftmals (werden) die Betriebsratsvorsitzenden großer Standorte als betriebliche Arbeitnehmervertreter/innen in den Aufsichtsrat gewählt. An diesem Best-Practice-Modell sollte unabhängig vom Geschlecht festgehalten werden."

Für viele Männer ist es unvorstellbar, dass etwa in der Metallindustrie ein Großteil der Mandate von Frauen wahrgenommen wird. Der DGB will nun auf der Arbeitnehmerseite den Frauenanteil der Beschäftigten im jeweiligen Betrieb zur Bezugsgröße machen. Auf der Arbeitgeberseite sei dagegen eine feste Quote "vorstellbar". ANNETTE JENSEN

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