die wahrheit: Rumms durch Robbe
Günter Grass bekennt sich zu Anschlag auf Kölner Stadtarchiv: "Böll musste weg!"
6.400 Manuskripte, Frontbriefe, Reifezeugnisse und Klassenbucheinträge - den kompletten Restnachlass ihres großen Dichterfürsten hatte die Stadt Köln gerade erst im Februar eingekauft und in ihrem Historischen Archiv endgelagert. "Angesichts der Bedeutung des Werkes und des Schriftstellers Heinrich Böll", zitierte der Kölner Stadt-Anzeiger am 13. 2. 2009 Böll-Berufssohn René, "gehören die Unterlagen an die Öffentlichkeit". Ebenda liegen sie nun, fein zerstreut über die Severinstraße, freilich noch nicht für jedermann zugänglich, bis die Kräne das Grobe beiseitegehievt haben.
Wenn es nach dem Flakhelfer a. D. und Steinmetz i. R. Günter Grass geht, kann der ganze Ramsch bis dahin getrost im rheinischen Grundwasser absaufen. Der 81-jährige Nobel-Autor aus der Nähe von Lübeck hat in einem Schreiben an den Kölner Oberbürgermeister Fritz Schramma bekannt, nicht der U-Bahn-Bau, sondern ein "von Mittelsmännern im Archivkeller deponiertes Gemengsel aus TNT und anderen Hochexplosiva" habe "den großen Rumms" verursacht. Für den Fall, dass ein Zweifel an seiner Autorschaft bestehe, lege er vorsorglich den verwendeten Sprengschalter als Beweis bei.
Seine Motive für das Verbrechen legt Grass in gewohnt schonungsloser Offenheit dar: "Ich habe das Sensibelchen nie leiden können. Schon in der Gruppe 47 ging der mir mit seiner Humorlosigkeit auf den Zeiger. Als dann ,Ansichten eines Clowns' und später ,Die verlorene Ehre der Katharina Blum' erschienen, hätte ich ihn glatt erschießen können. So führt man doch keine Pfaffen- und Bild-Kultur ad absurdum. Da muss man schon etwas kräftiger ausholen, mal einen Goethe, Schiller oder Fontane unters Podest stellen, der dem ganzen Heuchlerpack von vorne bis hinten den Schabernackel macht. Und überhaupt dieses ewige Rein-und-raus-Spiel mit der katholischen Kirche, da kopiert er doch nur mich und meine Espede, es ist geradezu vulgär! Böll, dieser Epigone!"
Mit Böllschem Bitterstoff und Bierernst, so der gelernte Robbenschnauzbart weiter, habe nach all diesen Jahren wirklich einmal Schluss sein müssen. Als er jüngst von der Einkellerung der Böllreste ins kölsche Stadtarchiv gelesen habe, sei ihm nur noch der eine Gedanke durchs Oberstübchen gegeistert: "Das Gepinsel muss weg!" Gesagt, getan - also habe er seine Agenten Ingo Schulze und Feridun Zaimoglu angewiesen, sich in die Domstadt zu schleichen und "dem ganzen Moder den Garaus zu machen".
Wenn er da mal nicht auf die falschen Gäule gesetzt hat. In einer ersten Stellungnahme bestritt Schulze zwar nicht, von dem "ollen Panzerknacker" zu der Tat angestiftet worden zu sein, wies aber im selben Atemzug jede geistige Verwandtschaft mit dem "Nobelpreisopa aus Danzig" von sich: "Böll und Grass repräsentieren - Kaschubei hin, Kaschubei her - die verstaubte Epik der Bonner Republik. Die meinten doch schon, sie hätten die Langeweile für sich gepachtet. Jetzt sind mal Andere an der Reihe. Die nächsten 60 Jahre gehören der Ossi- und Immigrantenprosa."
Noch deutlicher fasste Zaimoglu die Zukunft zusammen: "Der Grass soll sich ja nicht einbilden, wir hätten die Böller ihm zu Liebe an den Böll geheftet. Krasses Wortspiel, oder? Ich hab sogar noch eins: Sobald der Alte ins Grass gebissen hat, zermähen wir die nächste Sammlung. Den Nachkriegs- und Antigroßdeutschlandschrott aus Köln will doch heute keine Kanakensau mehr lesen. Vor allem nicht bei uns in Neukölln. Dieses bräsige Intellektuellengeschwurbel gehört ein für alle Mal entsorgt. Platz da für die Literatur von morgen: Deutschsein ist schön, Kopftuch ist fein, Allah ist mächtig. Amen." ROLAND BURSCH
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