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Spannungen in MadagaskarKampf um Staatsführung

Der Präsident bietet Volksabstimmung an, sein Widersacher bleibt kompromisslos. Doch wer kontrolliert das Militär?

Der Ex-Radiomoderator und Oppositionsführer Rajoelina drohte dem Präsidenten am Samstag mit "anderen Optionen". Bild: dpa

NAIROBI taz Am Sonntag hat es in Madagaskars Hauptstadt Antananarivo so ausgesehen, als stünde ein Bürgerkrieg kurz bevor: Überall wurden Straßensperren errichtet, Bewohner bewaffneten sich mit Steinen und Stöcken. Mehr als 100 Menschen sind bereits ums Leben gekommen, seit der Machtkampf zwischen Madagaskars Präsident Marc Ravalomanana und seinem Herausforderer Andry Rajoelina Anfang dieses Jahres begonnen hat. Während Rajoelina am Samstag bei einer Demonstration vor 5.000 Anhängern unnachgiebig blieb, gab sich Ravalomanana erneut gesprächsbereit. "Wenn es sein muss, werde ich eine Volksabstimmung ansetzen", erklärte er am Sonntag vor mehr als 10.000 Unterstützern. "Ich habe keine Angst davor."

Als entscheidend für den Ausgang des politischen Machtkampfs gilt die Frage, wer das Militär kontrolliert. Am Freitag hatten Soldaten Panzer aufgefahren, aber nicht eingegriffen. "Natürlich kontrolliere ich das Militär", gab der 34-jährige Rajoelina, ehemaliger Bürgermeister der Hauptstadt, am Wochenende bekannt. Der demokratisch gewählte, aber zunehmend isolierte Ravalomanana hingegen konterte: "Ich habe die Kontrolle."

Tatsächlich scheint es, als sei die traditionell neutrale Armee genauso zerrissen wie die Bevölkerung. Meuternde Soldaten unter Führung von Colonel André Andrianarijaona drängten am Donnerstag Premierminister Charles Rabemananjara aus dem Amt. Aufseiten des Präsidenten sammelt Verteidigungsminister Mamy Solofo Ranaivoniarivo Truppen hinter sich. Offenbar ist sich keine Seite einer Mehrheit sicher: Auf eine militärische Konfrontation wollte es zunächst niemand ankommen lassen. Polizeichef Pily Gilbain versucht unterdessen, eine ähnliche Spaltung von Polizei und Gendarmerie zu verhindern.

Am Sonntag drohte Rajoelina unspezifisch mit "anderen Optionen". Doch seine Machtlosigkeit demonstrierte der ehemalige Radiomoderator zuletzt am Samstag, als er erstmals nach seiner Flucht in die französische Botschaft öffentlich auftrat und den Präsidenten aufforderte, "binnen vier Stunden zurückzutreten". Nach Ablauf der Frist winkte Ravalomanana betont lässig aus dem Präsidentenpalast seinen dort versammelten Anhängern zu. Nichts passierte. Kämpfen oder gar sterben für Rajoelina wollen die wenigsten.

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