Kommentar Italiens Rechte: Postfaschisten zu Postdemokraten

Italiens Postfaschisten vereinigen sich mit Silvio Berlusconis Partei und der Ministerpräsident halt Antifaschismus für "vorgestrig". Italien wird zu einer rechten Diktatur.

Jetzt ist Italiens Rechte also in Europas Mitte angekommen: Gianfranco Fini, Anführer der Postfaschisten, vereint seine Alleanza Nazionale (AN) mit Berlusconis Forza Italia zum Popolo della libertà. Und dieses "Volk der Freiheit" wird Vollmitglied der Europäischen Volkspartei, der christdemokratisch-konservativen Parteienfamilie Europas.

Eigentlich wäre es eine gute Nachricht, wenn Leute, die noch vor 15 Jahren dem Faschismus huldigten, sich unumwunden zu den Werten der parlamentarischen Demokratie bekennen. Und Frontmann Fini verkörpert diese Wende glaubhaft. Von der Würdigung Mussolinis als "größter italienischer Staatsmann des Jahrhunderts" (so Fini 1994) hat er sich verabschiedet; stattdessen streitet er immer mal wieder gegen Ausländerfeindlichkeit oder für eine größere Unabhängigkeit der Rechtskoalition in Rom vom Vatikan. Schade nur, dass Fini mit diesen Positionen schon in seiner eigenen Partei AN ziemlich allein auf weiter Flur steht - dort lästert man offen über den "Genossen Fini" -, und dass auch in Berlusconis neuer Großpartei ein andrer Wind weht. Ganz wie die früheren Faschisten will Berlusconi etwa seit Jahren nichts davon wissen, den Staatsfeiertag der Befreiung von Nazis und Faschisten, den 25. April, festlich zu begehen. Antifaschismus hält Berlusconi für "vorgestrig"; lieber sperrt er die neue Partei auch für Rechtsradikale jenseits der AN auf. Lieber auch regiert er mit populistischen Parolen gegen "kriminelle Ausländer", schickt Soldaten und Bürgerwehren auf die Straßen, um den vorgeblichen Notstand zu bekämpfen. Und das neue Volk der Freiheit wird Berlusconi fast so diktatorisch führen wie seine alte Forza Italia: Der "Presidente" darf jederzeit Parteigremien absetzen, die ihm nicht passen.

Fini lässt dann jedes Mal höfliche Kritik vernehmen. Der neuen, völlig von Berlusconi beherrschten Partei wollte er dennoch nicht fernbleiben, mit dem Kalkül, später mal selbst Chef zu werden. Vorerst jedoch ist er, bisher das respektable Gesicht der Postfaschisten, nicht mehr geworden als das ebenso respektable Aushängeschild einer neuen postdemokratischen Partei.

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Promovierter Politologe, 1985-1995 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Unis Duisburg und Essen, seit 1996 als Journalist in Rom, seit 2000 taz-Korrespondent, daneben tätig für deutsche Rundfunkanstalten, das italienische Wochenmagazin „Internazionale“ und als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für das Büro Rom der Friedrich-Ebert-Stiftung.

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