„In der Umweltpolitik droht der Roll Back“

Dirk Jansen vom nordrhein-westfälischen Bund für Umwelt und Naturschutz über die große Koalition in Berlin, die umweltfeindliche Landesregierung, schizophrene Verkehrspolitiker und den Klimakiller-Kurs der Energieversorger

taz: Herr Jansen, die schwarz-gelbe Landesregierung macht sich für die Gentechnologie, für mehr Straßen stark. Verstärkt die große Koalition in Berlin diesen umweltfeindlichen Trend der Landespolitik?

Dirk Jansen: Nur zum Teil. Für die nordrhein-westfälische CDU und FDP rückt die erhoffte Berliner Rückendeckung für ihren Anti-Ökologie-Kurs in weite Ferne. Insgesamt scheint der Koalitionsvertrag von CDU und SPD auf Bundesebene weniger umweltfeindlich als befürchtet. Schwarz-Gelb in Düsseldorf bleibt in Teilen ein Rohrkrepierer – trotz negativer Beschlüsse in Berlin.

Welche?

In der Gentechnik etwa soll die von der grünen Verbraucherschutzministerin Renate Künast durchgesetzte Haftungsregelung stark aufgeweicht werden. Ein Landwirt, der den Acker seines Nachbarn mit genmanipulierten Saatgut verseucht, wird künftig nicht mehr ohne weiteres zahlen müssen. Die von der Mehrheit der Verbraucher abgelehnte Verbreitung gentechnisch veränderter Lebensmittel soll so schrittweise salonfähig gemacht werden.

Rückwärts gewandt ist doch auch die Verkehrspolitik von CDU und FDP.

Das stimmt. Schizophren, fast pathologisch ist die Auferstehung dieses untoten Metrorapids. Dieses Hirngespinst ewiggestriger Verkehrspolitiker taucht immer wieder auf und droht zum Milliardengrab zu werden. Das Geld fehlt dann bei Bus und Bahn, wie am Beispiel der Fußball-Weltmeisterschaft zu sehen: Zur WM sollen Bus und Bahn durch massive Taktverdichtung attraktiver werden. Danach aber kehrt der trübe Normalzustand zurück.

CDU-Ministerpräsident Rüttgers kündigt an, Ortsumgehungen ohne Rücksicht auf den Naturschutz zu bauen.

Dabei sind viele Ortsumgehungen kontraproduktiv: Sie bringen keinerlei Verkehrsentlastung, sind aber sehr teuer. Außerdem widerspricht Rüttgers damit seinen Parteifreund und Umweltminister Eckhard Uhlenberg: Der bezeichnet die Versiegelung riesiger Flächen immer als eines der drängensten Umweltprobleme.

Was ist positiv an den Beschlüssen der Koalition im Bund?

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz bleibt unangetastet. Die Förderung für Windkraftanlagen, von der auch Umweltminister Uhlenberg als Landwirt selbst profitiert hat, wird nicht angetastet. Ich bin froh, dass der Einfluss der Ideologen in Berlin nicht so groß ist wie hier in Düsseldorf. Die Windkraft ist doch ein wichtiger Wirtschaftszweig, der Arbeitsplätze schafft und sichert.

Kaum angetastet wird auch die Förderung der Steinkohle.

Ein Ende der Kohlevorrangpolitik, die NRW immer betrieben hat, ist nicht in Sicht. Auch der schnelle Ausstieg aus der Atompolitik, etwa durch verstärktes Energiesparen, wird nicht gefördert. Statt dessen wird hier die rückwärts gewandte Energiepolitik der SPD zementiert.

Wie bei der Braunkohle.

Bei der Braunkohle müssen versteckte Subventionen, etwa die Millionen für die Umsiedlung ganzer Orte oder die Verlegung von Autobahnen, dringend auf den Tisch. Statt dessen wird der Klimaschutz aufgeweicht – etwa durch die so genannte industriegerechte Zuteilung von Emissionsrechten. Hier hat sich der Klimakiller-Kurs von Energieriesen wie RWE durchgesetzt.

Umweltschutz wird also immer unwichtiger?

Das befürchte ich. Es droht ein Roll-Back in der Energie- und Umweltpolitik – und im Verbraucherschutz.

INTERVIEW: ANDREAS WYPUTTA