Bütikofer über EU-Politik: "Wir wollen ein drittes Konjunkturpaket"

Der ehemalige Grünen-Chef Reinhard Bütikofer will ins Europaparlament einziehen. Dafür setzt er auf den "Green New Deal". Ein Gespräch über gemeinsame Krisenbekämpfung und die "Ampel-Chose".

Mit Wums nach Europa: Reinhard Bütikofer redet sich nach Europa. Bild: dpa

taz: Herr Bütikofer - "ich wumse, du wumst, er, sie, es wumst": Wer hat sich da über das Motto des grünen Europawahlprogramms lustig gemacht?

Reinhard Bütikofer: Sie haben heimlich Twitter gelesen - darf man das überhaupt? Na gut, das war ich, Spaß muss sein. WUMS ist ein werberisches Mittel, um Aufmerksamkeit zu erregen, aber nicht das Motto der grünen Europawahlkampagne. Es geht darum: Wirtschaft und Umwelt -W und U - zusammen angehen und dies unserer Werteordnung entsprechend menschlich und sozial - M und S - tun. Das Projekt dazu ist der Green New Deal, für den wir europäische Grüne kämpfen. Das tue ich mit Begeisterung. Und die Resonanz ist gut.

Alle von Südkorea bis Kalifornien sind jetzt für den Green New Deal. Wie bleiben die kleinen Grünen da erkennbar?

Die Praxis entscheidet. Ich wehre mich nicht, wenn andere jetzt auch zugeben, dass wir auf eine Klimakatastrophe zulaufen. Die Frage ist jedoch, wer bereit ist, die Weichen richtig zu stellen. Gut und schön, wenn der Außen- und der Umweltminister eine Studie präsentieren, wonach man Konjunkturimpulse mit grünen Investitionen verbinden muss. Nur darf Frank Steinmeier dann nicht gleichzeitig ein drittes Konjunkturpaket ausschließen. Wir Grünen kämpfen für Konsequenz und verlangen ein ökologisches drittes Konjunkturpaket.

Findet die europäische Debatte darüber, sich angesichts der Wirtschaftskrise zu verzahnen, nicht ganz woanders statt als im Europaparlament, in das Sie einrücken wollen?

Auf Regierungsebene findet unkoordinierte Zögerlichkeit statt. Für das Parlament zu kandidieren, ist eine Möglichkeit, daran etwas zu ändern. Das Europäische Parlament und die europäische Öffentlichkeit könnten da Doppelpass spielen. Je grüner das Parlament, desto mehr.

Gibt es das überhaupt, eine europäische Öffentlichkeit?

Europäische Öffentlichkeit funktioniert anders als nationale. Aber es gibt seit einigen Jahren eine zunehmende Gemeinsamkeit in den europäischen Debatten. Das fing mit dem Irakkrieg 2003 an. Der Streit über die beste Krisenbekämpfung ist heute ein europäischer.

Dennoch kann sich kaum einer unter einer "europäischen Lösung" etwas vorstellen, weil die Probleme national wahrgenommen werden.

Europa ist kein fernes Raumschiff, das man staunend oder kopfschüttelnd beobachtet. Wer im europäischen Rahmen wie handelt, das muss innenpolitisch auf die Agenda. Das Zaudern der Bundesregierung, sich auf eine gemeinsame Krisenbekämpfung in Europa zu einigen, wird in Deutschland ganz konkret Arbeitsplätze kosten.

Die Bundesgrünen sind schon ganz rappelig wegen der Bundestagswahl. Werden Sie von den Berlinern mit Ihrer Europawahlkampagne überhaupt wahrgenommen?

Grünen geht Europa besonders nahe. Beispiel: Beide Bundesvorsitzende kennen das Europaparlament. Alle bei uns wissen außerdem, dass wir bei den Landtagswahlen im August und der Bundestagswahl im September schwerer gute Ergebnisse kriegen, wenn wir nicht zuvor im Juni bei der Europawahl gut abschneiden.

Da tobt bloß gerade der Streit zwischen Berlin und den Landesverbänden, inwiefern man sich in einer Wahlaussage für eine Ampel-Koalition mit SPD und FDP aussprechen soll …

Ich weiß, wie es aussieht, wenn wirklich ein grüner Streit tobt. Machen Sie bei der Ampel-Chose mal halblang. Das wird rechtzeitig zum Bundesparteitag im Mai erledigt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.