Kommentar Lidl-Führung: Niedrigpreise machens möglich

Lidl kündigt seinem Chef. Doch aus dem Datenskandal vor einem Jahr hat der Konzern nichts gelernt. Hohe Strafen und Mindestpreise müssen das ändern.

Diesmal reagiert Lidl sofort. Der Discounter feuert seinen Deutschland-Chef, nachdem zwei Tage zuvor intime Krankheitsdaten von Mitarbeitern in einer Mülltonne gefunden wurden. Offenbar hoffen die Eigentümer des Konzerns, auf diese Weise schnell aus den Schlagzeilen zu kommen. Dass das Leugnen eines Datenskandals die öffentliche Aufmerksamkeit nur erhöht, ließ sich schließlich am Schicksal von Exbahnchef Hartmut Mehdorn bestens studieren.

Ausdruck echter Reue aber ist Lidls Reaktion nicht. Schließlich liegt es kein Jahr zurück, dass der Discounter beim Bespitzeln seiner Beschäftigten mit Hilfe von Detektiven und Kameras erwischt wurde. Das Unternehmen gelobte Besserung, zahlte 1,5 Millionen Euro Strafe - doch die Mitarbeiter wurden weiter ausgeforscht.

Dass Menschen, die die Waren für den Billigshop herstellen und verkaufen, auch Rechte haben, ist in Lidls Unternehmenskultur nicht vorgesehen. Sie gelten ausschließlich als Kostenfaktoren. Profit ist alles, Vertrauen und Würde sind nichts. In nur acht der 3.000 Filialen haben es die Beschäftigten gewagt, einen Betriebsrat zu gründen. Auch Zulieferer werden ausgequetscht und ausgetrickst. Nachdem Lidl im vergangenen Sommer mit dem Versprechen auf Preiserhöhung den Milchboykott der Bauern gebrochen hatte, senkte das Unternehmen kurz danach die Zahlungen wieder und verschleudert die Milch heute zu Niedrigstpreisen. Asiatische Hersteller von Unterhosen schuften für Lidl sowieso unter absolut unmenschlichen Bedingungen.

Doch bleibt die Kundschaft so preisfixiert wie in Deutschland, sieht Lidl keinen Grund, die Beschäftigten anständig zu behandeln. 44 Prozent der Lebensmittel werden hierzulande bei Discountern abgesetzt - und Experten rechnen mit weiteren Steigerungen. Die Käufer sind ignorant, deshalb muss endlich der Staat für die Einhaltung von Regeln sorgen. Dazu sollten nicht nur schmerzhaft hohe Strafen für Bespitzelungen von Mitarbeitern zählen, sondern auch vorgeschriebene Mindestpreise.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.