Streit um abgerissenen Bademeisterturm: Frühjahrsputz am Müggelsee

Seit der Bademeisterturm am Strandbad Müggelsee abgerissen ist, sind die Fronten verhärtet. Auf der einen Seite steht der Bezirk, auf der andern der Exbetreiber. Dabei braucht die marode Anlage eher einen Schulterschluss - und einen Investor.

Badevergnügen - ganz ohne Streit Bild: AP

Wo einmal der Bademeisterturm stand, ist jetzt geharkter Sand. Nichts von dem Bau ist geblieben außer einem Streit, der zwei Männer entzweit hat, die jahrelang an einem Strang zogen.

Für Walter Kaczmarczyk gehörte der Turm zum Ensemble des denkmalgeschützten Hauptgebäudes. Drei Jahre lang leitete der Vorsitzende des bezirklichen Sportbundes den Betrieb im Strandbad am Müggelsee. Doch Michael Schneider (Linke) wies als Umweltstadtrat den Abriss an. Der "olle DDR-Turm", auf dem einst die Schwimmmeister die Badenden beaufsichtigten, war baufällig. Sagt er.

Sein einstiger Mitstreiter Kaczmarczyk bestreitet das. Die Bausubstanz sei einwandfrei gewesen - obwohl auch der Bezirkssportbund als eine der ersten Handlungen die durchgerostete Leiter zum Turm entfernen und das Gebäude absperren ließ. Vor drei Jahren hat der Sportbund das Strandbad von den Bäderbetrieben übernommen, denen die marode Anlage nicht mehr profitabel genug war. Doch das ist fast eine Nebensache, seit am Müggelsee der Streit um das Strandbad tobt.

Zuletzt habe man mit Schneider nicht mehr reden können, meint Kaczmarczyk. Deshalb erwirkte er vor dem Landgericht eine einstweilige Verfügung, um den Abriss zu verhindern. Der Bezirk als Eigentümer des Geländes legte Widerspruch ein und bekam Recht. Dann ging es schnell. Neben dem Turm wurden auch zwei Bungalows eingerissen, die Wegbeleuchtung abgebaut, ein Rettungssteg entfernt. Kosten der "Renaturierung": 486.835 Euro. Das Geld hätte man besser in die Sanierung stecken können, findet Kaczmarczyk.

Der Kampf um den Bademeisterturm erhitzt die Gemüter auch deshalb, weil es dabei um die Zukunft des Strandbades geht. Denn ein paar Frühlingsblüher in den Rabatten können über den desolaten Zustand nicht hinwegtäuschen. Der Putz kommt von der Decke, der Wasserablauf ist kaputt, leere Ketchup-Eimer fangen den Regen auf. Es muss etwas geschehen, das ist allen klar. Künftig allerdings ohne den Bezirkssportbund als Betreiber. Der Vertrag mit dem Bezirk endete zum März, er wurde nicht verlängert. Nun kümmert sich die "Agrarbörse Ost" um den Betrieb und wird dabei vom Verein "Bürger für Rahnsdorf" unterstützt.

Dieter Lauf, der Geschäftsführer der "Agrarbörse Ost", will vorbehaltlos an die Aufgabe herangehen und noch im April einen runden Tisch einberufen. "Alle Bürger, Interessierte und Partner sollen an einem Strang ziehen", wünscht er sich. Dabei sind die Probleme unübersehbar: Kaum vorstellbar, dass Vera Kalinowski von den "Freunden des Strandbades" neben Michael Schneider Platz nimmt. Den Stadtrat hat sie nämlich erst kürzlich wegen Körperverletzung angezeigt. Der Grund: Die abgerissenen Hütten auf dem Grundstück sollen asbestverseucht gewesen sein, und die ABM-Kräfte, die mit der Arbeit betraut wurden, hätten keine Schutzkleidung gehabt. Kalinowski ist wütend, weil "alles, was noch einen Wert hat, einfach weggerissen wird".

Dieter Lauf wird es also nicht leicht haben. Doch er denkt nicht nur über ein Engagement für einen Sommer nach. Er will auch die Sanierung anschieben, obwohl bislang kein Investor für das Bad in Sicht ist. Dann müsse es halt eine Sanierung in kleinen Schritten geben, sagt Lauf beinahe trotzig. Die Ausschreibungen beim Jobcenter laufen bereits, die Stellen sollen mit Mitteln aus dem Öffentlichen Beschäftigungssektor (ÖBS) gefördert werden.

Das Strandbad wird also weiterhin provisorisch betrieben. Auch in diesem Jahr werde kein Eintritt genommen, sagt Schneider. Alles andere wäre auch vermessen, denn an ein Schwimmbad erinnert nur noch der Name. Darauf wies auch das Landgericht hin, als es über den Turm entschied: Das Strandbad sei kein Schwimmbad, sondern eine öffentliche Badestelle, für die keine besonderen Rettungsvorrichtungen notwendig seien.

Doch nicht nur Walter Kaczmarczyk findet das fahrlässig. Auch Dieter Lauf reichen die Sicherheitsvorkehrungen nicht aus. Der neue Verwalter möchte den Gefahrenbereich der porösen Uferkante am liebsten noch vor der Badesaison beseitigen. Auch wünscht er sich mehr Präsenz von Rettungskräften. "Aber das geht nur in Zusammenarbeit mit dem Besitzer", sagt Lauf in Richtung Schneider.

Auch künftig werden die Kontrahenten im Strandbadkrieg aufeinander angewiesen sein: Der Bezirk braucht den Betreiber und den Bürgerverein, um das Bad im Sommer bis in den Abend hinein zu öffnen. Umweltstadtrat Schneider hofft zudem auf ein ehrenamtliches Engagement bei der Sanierung. Und nicht zuletzt möchte Dieter Lauf auch Walter Kaczmarczyk mit seiner Erfahrung im Strandbad wieder an den Tisch kriegen - auch wenn Stadtrat Schneider sagt, dass sich das mit dem Bezirkssportbund für ihn erledigt habe.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.