Eisbären Berlin feiern Eishockey-Meisterschaft: Knut würde vor Neid erblassen

Die Eisbären Berlin feiern mit gut 1.000 Fans die deutsche Eishockey-Meisterschaft. Es ist die vierte in fünf Jahren. Aber die erste in der neuen Heimat, der Arena am Ostbahnhof.

Große Feier in hässlichem Ambiente: Eisbären-Spieler Svem Felski mit Pott und Fans vor der Arena am Ostbahnhof Bild: dpa

Na klar, die ganz große Party steigt erst am Samstag. "Aber die, die heute hier sind, das sind die eingefleischten Fans", meint Andreas Grell. Sein halbes Leben ist der 21-jährige Maschinenbaustudent Fan des Eishockeyclubs Eisbären Berlin. Am Mittwochabend hatte der Verein seine vierte deutsche Meisterschaft binnen fünf Jahren mit einem 4:2-Erfolg in Düsseldorf geholt; tags darauf lud er zu einer kurzfristig angesetzten Feier auf dem Vorplatz der Heimspielstätte, der Arena am Ostbahnhof.

Als die verkaterte Mannschaft um kurz vor zwölf Uhr vorfährt, jubeln ihr schon einige hundert Fans zu. Als sie eine gute halbe Stunde später von der Ballustrade der Arena die Sektkorken knallen lässt, sind es mehr als 1.000. Darunter René Weißenberg. Der 47-Jährige schaut ein bisschen nervös auf die Uhr, denn als leitender Angestellter soll er in wenigen Minuten möglichst pünktlich im Büro einlaufen. Doch "Flagge zeigen für einen Berliner Meister" muss er auf jeden Fall. Das heißt bei Weißenberg: einen weinroten Schal des SC Dynamo tragen, dem Vorgängerverein und 15-maligen DDR-Eishockeymeister.

Die Osttradition des nun besten gesamtdeutschen Eishockeyteams dieses Jahrzehnts bleibt nach wie vor unverkennbar. Bei Heimspielen skandieren viele Anhänger "Dynamo, Dynamo" und "Ost-, Ost-, Ostberlin". Umso problematischer fanden viele eingefleischten Dynamos im vergangenen Sommer den Umzug aus dem heruntergekommenen, aber traditionsbehafteten Hohenschönhausener Wellblechpalast ("Welli") in die Glamour-Arena O2 World, die dem zeitgenössischen Verständnis von Sport als Teil der Unterhaltungsindustrie eher entspricht.

Doch ein Jahr und eine Meisterschaft später sind auch die größten Skeptiker besänftigt. Der Zuschauerschnitt liegt bei 14.000, die Stimmung gilt in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) als einzigartig. Den Spagat zwischen Tradition und Moderne hat man geschafft bei den Eisbären. Aus den Lautsprechern auf dem Vorplatz trällern die Puhdys "Alt wie ein Baum" und wummert der Berliner HipHop-Reggae-Barde Peter Fox "Alles neu".

Ein Gesamtberliner Verein sind die Eisbären aber noch lange nicht. "70 Prozent der Zuschauer kommen aus dem Osten - und das wird auch so bleiben", schätzt Carina Berkes, eine Altenpflegerin, die heute ganz zufällig freihat.

Das sieht man bei der Linkspartei ein wenig optimistischer. Die Eisbären würden einen enormen Beitrag für das Zusammenwachsen der Stadt leisten, ließ der Landesvorsitzende Klaus Lederer am Donnerstag verlauten. "Großartig. Genial. Grandios. Eisbären" steht über der Pressemitteilung, die für Linksparteiverhältnisse schon einer emotionalen Explosion gleichkommt. Auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) will sich da nicht lumpen lassen und lädt in fast schon "lieb gewordener Routine" am Samstag zum Meisterempfang ins Rote Rathaus ein. Für Carina Berkes dagegen ist die vierte Meisterfeier noch längst keine Routine. "Es wird immer geiler."

Zum ersten Mal dabei ist Wolfgang Fiedler. Den Rentner hat im Alter von 68 Jahren noch mal das Eisbären-Fieber gepackt. Der Weg zum "Welli" nach Hohenschönhausen sei ihm immer zu weit gewesen, jetzt spiele das Team ja "umme Ecke". Dass Leute sich über die neue Heimstätte oder den Dynamo-Stallgeruch aufregen, kann er nicht verstehen. "Wer diese Arena nicht zu schätzen weiß, dem ist nicht zu helfen." Die Dauerkarte fürs nächste Jahr hat er schon bestellt.

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