Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Uli Hoeneß sieht aus wie eine Werbetonne und Politiker wollen Tapferkeitsmedaillen.

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Böse Polemik im Bundespräsidentenwahlkampf.

Was wird besser in dieser?

Steinmeier und Schwan tauschen, dann hat die SPD ne Chance gegen die Linkspartei.

Deutschland und andere Staaten boykottierten wegen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad die Anti-Rassismus-Konferenz. Gute Taktik?

Mit dem Rausekeln der USA, Israels und anderer gottloser Imperialisten hat Ahmadinedschad die heimische Zielgruppe bespaßt, um die es ihm geht. So wie viele westliche Politiker fürs Daheimbleiben Tapferkeitsmedaillen wollen. Tatsächlich ist es eine unvermeidliche Niederlage für das antirassistische Anliegen. Das Signal, dass man mit Hasskappengeschwafel auch die Gemäßigten gegen sich aufbringt, ist nun gesetzt. Als Nächstes muss die europäische Außenpolitik Gemeinsamkeiten mit allen arabischen Staaten suchen, die diese Nachricht verstanden haben.

Die SPD startete mit ihrem neuen Programm "mehr Fairness" und Frank-Walter Steinmeier als Kanzlerkandidat den Wahlkampf. Muss Angela Merkel jetzt Angst kriegen?

Für Frau Übermorgen ist die SPD nur insoweit interessant, als sie sie brauchen wird, um Westerwelles Großmannssucht einzuordnen. Merkel hat bereits angekündigt, der Ernst der Lage vertrage keine Unsachlichkeiten. Heißt : Ich will nicht zuspitzen und möchte das deshalb allen anderen auch verbieten. Zu ihrem Glück hat die SPD mit dem amtierenden Außenminister einen vorgelassen, der qua Amt nicht zuspitzen darf. Merkel wird nach der Wahl die FDP damit disziplinieren, schlimmstenfalls doch noch mal mit der SPD zu gehen. Sie hat sie schon gewonnen.

Eigentlich wollte die Regierung mit einem neuen Gesetzentwurf den Handel mit persönlichen Daten verhindern. Doch die Unternehmen wettern dagegen. Wer wird gewinnen?

Der, der die besten Daten der Abgeordneten hat und ihre sensiblen Stellen kennt. Ich bekomme viel Werbung für Immobilienkredite, Business-Recht, private Krankenkassen und tolle neue Autos. Wenn ich den Mülleingang zurückrechne auf das illegale Profil, das da irgendwo von mir gehandelt wird (Alter, Geschlecht, Einkommen, Wohnort), setzt sich ein Gesamtknallkopf zusammen, der ich nicht sein möchte. Schon deshalb kaufe ich nur Produkte, für die ich keine Werbung bekomme. Das vorliegende Datenschutzgesetz ist von 1978, als es Mobiltelefon und Internet nicht gab. Die Umkehr des Listenprivilegs scheint mir das Mindeste, was fehlt: Bisher müssen Unternehmen nicht fragen, wenn sie mit meinen Daten handeln wollen.

Millionen T-Mobile-Kunden konnten am Dienstag ihr Handy nicht benutzen, weil Computer ausgefallen waren. Wie verletzlich ist unsere Kommunikationsgesellschaft?

Entschleunigung ist keine Verletzung. Prozesse, die früher - Brief hin, Brief her - ne Woche dauerten, erledige ich heute morgens im Büro, während ich mir den ersten Kaffee ziehe. Vom Obama-Wahlkampf hieß es: Früher brauchten Kampagnen jede Woche ein neues Thema - diesmal brauchte es pro Stunde eine neue Sau durchs digitale Dorf. Die unausgesetzte Tempoverschärfung belohnt Tugenden wie Gelassenheit, Abwarten, mal Gucken. Schön !

Die EU-Bildungsminister konferieren am Mittwoch zum Bologna-Prozess. Werden wir daraus schlau?

Ja, deutsche Universitäten tragen danach künftig den Ehrentitel "Spar-Getto Bolognaise". Nee, habe es aber aus Anlass Ihrer Frage gerade mal nachgelesen und finde die Ziele gut. Bachelor-Abschlüsse, die man schneller erreicht als Master oder Promotion, sind gut für Leute, die Geld verdienen müssen. Hätte ich damals gern gehabt, statt abbrechen zu müssen. Die Qualitätssicherung an Unis, zweitens, das ist sehr schemenhaft. Drittens: Die Anerkennung von Prüfungen und Studienzeiten wird in den Vereinigten Staaten von Europa wichtig sein, sonst benimmt sich nachher England wie jetzt Bayern, pfui Deibl.

Diese Woche legt die EU-Kommission den Vorschlag für den EU-Haushalt 2010 vor. Wer wird am meisten bekommen?

Die Landwirtschaft, etwa 43 Prozent, macht um die 55 Milliarden. Allein die deutsche Agrarindustrie bekommt 5,4 Milliarden p. a., und wer jetzt noch mal sagt, es gebe teure ökologische und billige Massenprodukte, der lügt. Gerade die Massenprodukte sind subventioniert.

Nach der Heimniederlage des FC Bayern gegen Schalke 04 fordern jetzt auch die Fans lauthals "Klinsmann raus!". Soll er gehen?

Schade, dass das "Sommermärchen" entzaubert wurde. Denke gern an Klinsmanns Tritt in die Werbetonne, als er als Spieler mal ausgewechselt wurde. Sieht Hoeness nicht ein bisschen aus wie eine Werbetonne?

Und was macht Borussia Dortmund?

Besiegt Gelsenkirchen im Standort-Wettbewerb um das DFB-Museum. Also künftig: Dortmund HAT ein Fußballmuseum, Schalke IST eins. Leicht zu merken.

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