Wirtschaftstreffen an der Edel-Uni St. Gallen: Elite sucht den Staats-Ausgang

Auf dem traditionellen Jahrestreffen der Schweizer Edel-Uni in St. Gallen zeigen sich die Top-Banker einsichtig. Gleichzeitig warnen sie wieder vor zu vielen staatlichen Eingriffen.

Das Motto des Symposiums: "Die Wiederbelebung politischer und wirtschaftlicher Grenzen". Dazu sprach auch Brady Dougan von der Credit Suisse. : ap

ST. GALLEN taz | Am Mikrofon steht Lord Griffiths of Fforestfach. Das klingt nach Harry Potter, und tatsächlich sitzen dem weißhaarigen Gentleman 200 ausgewählte Eleven gegenüber, denen Zauberkunst nicht schaden würde. Denn die Elite-Studenten aus der ganzen Welt, die aus Harvard, Oxford oder Bangalore nach einem Essay-Wettbewerb in diesem Jahr zum St.-Gallen-Symposium in die Schweiz reisen durften, sollen sehr bald in den Management-Etagen der Welt dafür sorgen, dass sich eine Finanz- und Wirtschaftskrise wie diese nicht wiederholt. In der Schweizer Kaderschmiede treffen sie auf Top-Manager und Finanzexperten , von denen viele selber hier studiert haben. Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann ist da, die Vorstandsvorsitzenden von Credit Suisse und Eon, dazu Professoren aus der ganzen Welt. Lord Griffiths, selber Vize-Vorsitzender der Investmentbank Goldman Sachs, gibt ihnen gleich zu Beginn mit: Es sei ja vergleichsweise leicht, die Finanzmärkte zu regulieren. "Was sich aber ändern muss, ist die Kultur der Banken."

Die Studenten, die das Symposium traditionell selbst organisieren, haben schon mal damit angefangen. Statt in großen Limousinen chauffieren sie die Gäste diesmal im Fiat 500 oder Hybrid-Mittelklassewagen. Allerdings stehen auch drei Maserati bereit, für die standesbewussteren Manager, die sonst nicht wiederkommen würden. Und sicherlich hat bei der Auswahl der Fahrzeuge auch der Hauptsponsor eine Rolle gespielt. Der Fiat-Erbe und 33 Jahre junge Vize-Chef des Konzerns, John Elkann, weist bei seinem Auftritt auf die "schönen Autos" ebenso hin wie auf den Stolz, bei der Chrysler-Rettung mitzumachen. Vielmehr ist aus ihm nicht herauszuholen, schließlich will Fiat gerade GM Europe inklusive Opel komplett übernehmen. Wenn das klappt, ist Fiat ein klarer Krisengewinner. Bis dahin bleibbt er öffentlich lieber vage.

Anders einer, dem die Krise echte Probleme gemacht hat. Paul Achleitner, Finanzvorstand des Allianz-Konzerns, beschreibt die Weltwirtschaft als menschlichen Körper, mit der Finanzwirtschaft als Herz-Kreislauf-System. Das sei, gedopt mit billigem Kapital, zu großen Taten gebracht worden, aber auch an den Rand des Herzinfarkts. "Nur die Notoperation hat uns überleben lassen", räumt Achleitner ein. Das Problem sei aber, dass nun viele Menschen am Krankenbett stehen und darüber reden, wie der Patient vorher hätte gesünder leben müssen, was diesem jetzt nichts nütze. Zudem hätten die Mediziner Spaß an den Eingriffen gefunden und machten sich nun an Schönheitsoperationen.

Die Angst vor einem zu starken Staat zieht sich durch viele Reden und Debatten. Schließlich steht das ganze Symposium unter dem Motto: "Die Wiederbelebung politischer und wirtschaftlicher Grenzen". Bitte kein Protektionismus, keine Handelsbeschränkung, keine Rückkehr ins tradionelle Bankgeschäft, mit dem die Globalisierung nicht hätte finanziert werden können, lautet der Tenor. Haben sie nicht gehört, was Lord Griffith gesagt hat? Doch. Credit-Suisse-Chef Brady Dougan sagt, die Bonussysteme seien wohl ein Teil des Problem gewesen und müssten längerfristig ausgerichtet werden. Die Finanzprodukte will er in Zukunft weniger komplex gestalten, den Kunden wieder stärker in den Mittelkpunkt rücken und nicht das Kapital. Und es wäre auch gut gewesen, wenn mehr Frauen in verantwortlichen Position gewesen - sogar das räumt Dougan ein.

Aber das alles bedeute eben nicht, dass nun der einzelne Staat dauerhaft der Wirtschaft enge Grenzen setzen solle. Im Gegenteil, er müsse jetzt Exit-Strategien für den Rückzug entwickeln. Achleitner springt ihm bei. Das Platzen einer Blase bedeute nicht, dass die Branche selbst überflüssig würde.

Und was sagen die Studenten? Der Gewinner des Essay-Preises, der Indonesier Shofwan Al-Banna Choiruzzad, erhebt eine selbstbewusste Forderung: Der Westen soll vom Osten lernen, wo nicht das Einklagen von Rechten im Zentrum stehe, sondern die Harmonie. Das führt ihn zu einer Handlungsmaxime, auch für Manager: "Bevor wir unsere Rechte einfordern, übernehmen wir Verantwortung."

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