Phosphoreinsatz in Afghanistan: Der Krieg wird schmutziger

Das wegen ziviler Bombenopfer kritisierte US-Militär wirft den Taliban Angriffe mit Phosphormunition vor. Doch es muss selbst auch Phosphoreinsätze einräumen.

Wer waren jetzt nochmal die Guten? Bild: reuters

BERLIN taz | Angriff ist die beste Verteidigung - auch bei der Propaganda. Nach diesem Motto scheint jetzt das US-Militär in Afghanistan vorzugehen. Hatte es dort erst vergangene Woche seinen Einsatz von Phosphormunition einräumen müssen, so macht es jetzt indirekt die Taliban für schwere Verbrennungen bei Zivilisten verantwortlich.

Von 2003 bis heute gesammelte Gefechtsdaten zeigten, "dass Aufständische Munition mit weißem Phosphor gehortet wie auch genutzt haben, sowohl bei indirekten Feuerangriffen als auch in Sprengfallen", heißt es in einer Erklärung des Regionalkommandos Ost der internationalen Isaf-Truppe vom Montag. Damit widerspricht das US-Militär bisher gängigen Vermutungen wie auch Äußerungen der Taliban selbst, sie hätten keine Phosphormunition.

Das Militär listet 38 Phosporeinsätze der Aufständischen in fast allen Provinzen des US-geführten Regionalkommandos Ost auf. Sechs weitere Einsätze habe es in anderen Landesteilen gegeben. Laut der Erklärung stamme die Munition nicht nur von der früheren sowjetischen Besatzungsmacht, sondern auch aus "zahlreichen anderen Ländern".

Laut der Londoner Times vom Dienstag gehörten dazu auch Großbritannien, China und Iran. Doch sei unklar, wie die Munition an die Taliban gelangt sei. Die US-Sprecherin des Kommandos, Jennifer Williams, dementierte gegenüber der taz den Times-Bericht: "Wir können die Herkunft nicht spezifizieren."

Weißer Phosphor dient als Brandsatz. Er zündet allein durch Kontakt mit Sauerstoff und brennt mit 1.300 Grad heißen Flamme bei starker Rauchentwicklung. Selbst nach dem Löschen mit Wasser kann sich Phosphor immer wieder selbst entzünden. Er verursacht schon bei geringem Kontakt schwere und bis auf die Knochen reichende Verbrennungen der Haut. Zunächst Überlebende verbrennen langsam, wenn sie nicht schon durch giftige Phosphordämpfe getötet werden.

Nach internationalem Recht ist der direkte Einsatz von Brandwaffen gegen Zivilisten verboten, nicht jedoch ihr Einsatz im Allgemeinen. Letzte Woche hatte das US-Militär eingeräumt, in Afghanistan Phosphormunition zum Markieren von Zielen, zur Erzeugung tarnender Nebelwände sowie zum Abbrennen von Gebäuden einzusetzen. Ein Einsatz gegen Personen dementierte das US-Militär, das dies jetzt den Taliban vorwirft.

In letzter Zeit hatte es nach Gefechten und Bombenangriffen vermehrt Opfer mit Verbrennungsarten gegeben, welche die behandelnden afghanischen Ärzte noch nie gesehen hatten. Daraus entstand der Vorwurf des Phosphoreinsatzes durch US-Truppen. Nach einem Gefecht in der Provinz Kapisa am 14. März fanden US-Militärärzte Phosphorspuren am Körper eines 8-jährigen Mädchens. Später räumte das Militär den dortigen Phosphoreinsatz ein, beharrte jedoch darauf, das Haus des Mädchens sei von Taliban beschossen worden.

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