WAS BISHER GESCHAH (2): Neun Tage, 790 Filme
Auch wenn der European Film Market (EFM) offizieller Bestandteil der Berlinale ist, wird einem schon kurz nach Betreten des Berliner Martin-Gropius-Baus klar, dass es auf dieser globalen Filmbörse anders zugeht als auf dem übrigen Festival. Hier gibt es kein Gedrängel. Keine mürrischen Gesichter. Keine Journalisten im Schmuddellook. Kein sich ausbreitendes Gefühl von Rastlosigkeit – befeuert von der Angst, den Film des Festivals zu verpassen.
Nein, auf dem EFM gibt man sich stilvoll und gelassen. Die Gesichter der Mitarbeiter der 455 Aussteller aus 58 Ländern sind ausnehmend freundlich, ja einladend. Aber natürlich bietet sich dem, der einfach nur gemütlich von Stand zu Stand schlendert, auch nur der Blick auf die Oberfläche. Die Deals zwischen Filmkäufern und -verkäufern, zwischen Sales-Agents, Verleihern, Produzenten, Investoren und Sendern, werden hinter verschlossenen Türen ausgehandelt. Die meisten Termine stehen lange vor Festivalbeginn fest.
Als unbeteiligter Besucher kann man sich dafür umso mehr über die stilistische Vielfalt der Gestaltung der Stände freuen: Während es den Skandinaviern gelingt, mit nordischer Coolness auf ihre hard-boiled crime stories aufmerksam zu machen, versinkt der Stand der Inder in folkloristischem Ethnokitsch. Sympathisch ist das Angebot des Korean Film Council, Biografiebände über bekannte koreanische Filmemacher wie Park Chan-wook einfach so zu verschenken.
Anders als beim Berlinale-Wettbewerb, für den die kalte Jahreszeit zum Problem werden kann, kommt dem EFM der frühe Termin im Kalenderjahr zugute: Investitionen aus dem Vorjahr sollen schnellstmöglich hereingeholt werden.
Dass sich der EFM neben Cannes und L. A. als einer von drei wichtigen Filmmärkten weltweit profilieren konnte, hat aber auch viel mit Beki Probst zu tun. Seit 1988 ist sie die Leiterin des EFM, den sie als Markt „auch für ein anderes Kino“ verstanden wissen will.
Jedes Jahr, so Probst, gebe es „ein paar kleine Verbesserungen“, um den EFM besucherfreundlicher zu machen. Diesmal sind es Einführungsveranstaltungen für diejenigen, die zum ersten Mal hier sind. Den Shuttleservice zu den Filmvorführungen gibt es hingegen schon länger – auch das ist ein Luxus, von dem der schnöde Festivalbesucher nur träumen kann.
In diesem Jahr sind neben den US-amerikanischen Independents viele Filme aus Asien vertreten. Naturgemäß gibt es Überschneidungen vor allem mit den Filmen, die in den Festivalsektionen Forum und Panorama laufen. Insgesamt 790 Filme sind gemeldet, an neun Tagen finden unglaubliche 1.100 Vorführungen statt – ungefähr so viele wie auf dem gesamten restlichen Festival. ANDREAS RESCH
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