Keine TV-Show mit Intellektuellen: Schattenboxen in Caracas
Nach der geplatzten Debatte mit rechtsliberalen Intellektuellen um Mario Vargas Llosa verschwindet Venezuelas Präsident Hugo Chávez „aus technischen Gründen“ vom Bildschirm.
PORTO ALEGRE taz | Es hätte eine spannende Kontroverse werden können. Zum zehnjährigen Jubiläum seiner wöchentlichen TV-Show „Aló Presidente“ hatte Venezuelas Staatschef Hugo Chávez einen viertägigen Sendungsmarathon angekündigt, „so ähnlich wie eine Telenovela“. Parallel dazu tagten in einem Nobelhotel von Caracas einige von Lateinamerikas prominentesten rechtsliberalen Intellektuellen, darunter Perus Erfolgsautor Mario Vargas Llosa. Doch ein direkter Schlagabtausch, zu dem sich beide Seiten prinzipiell bereit erklärt hatten, kam nicht zustande.
Als Vargas Llosa bei seiner Einreise am Mittwochabend über eine Stunde lang festgehalten und aufgefordert wurde, sich nicht politisch zu äußern, jubelte die Rechte. Nun seien „die letzten Zweifel daran beseitigt, dass es sich bei der Regierung Chávez um ein totalitäres Regime“ handele, sagte FDP-Politiker Wolfgang Gerhardt von der Friedrich-Naumann-Stiftung, die das Symposium unter dem Motto „Für die Freiheit“ mitsponserte.
Vargas Llosa äußerte sich in seinem Vortrag differenzierter: „Wenn Venezuela eine totalitäre Diktatur wäre, wären wir nicht hier“, sagte der Peruaner, doch anschließend diagnostizierte er eine „Radikalisierung des Regimes“. Die wirtschaftliche Freiheit sei wegen eines „Misstrauens gegenüber Privatunternehemen und der Marktwirtschaft“ sehr bedroht, fügte er hinzu.
Stunden später lud Hugo Chávez die Kongressteilnehmer zu einer öffentlichen Debatte mit „sozialistischen“ Intellektuellen in „Aló Presidente“ ein. Die Linken, darunter Kubas Kulturminister Abel Prieto und der mexikanische Philosoph Fernando Buen Abad, hatten sich zu einer Gegentagung versammelt. Vargas Llosa sowie die Mexikaner Jorge Castañeda und Enrique Krauze zeigten zunächst Interesse, aber dann bestanden sie auf einem Duell zwischen Chávez und dem Peruaner. Das wiederum lehnte der Präsident unter fadenscheinigen Gründen ab.
Nachdem die rechten Intellektuellen am Samstag nicht zum Streit den Präsidentenpalast gekommen waren, wurde „Aló Presidente“ aus „technischen Gründen“ abgesagt. Auch am Sonntag, angekündigt war als Stargast Boliviens Präsident Evo Morales, kam die Telenovela zu keinem Happy End - „aus technischen Gründen“.
Leser*innenkommentare
Stefan
Gast
@Caracas FC
Wo hast du den deine achso neutralen Informationen her?
Etwa von den von Chavez kontrollierten Medien? Na die sind ja bestimmt Objektiv...
Was dieser Artikel verschweigt, ist dass Chavez großmäulig in seiner Show diese Debatte angekündigt hat, aber dann Stück für Stück zurück rudern musste! Also eventuell mal ein weniger "Pro-Links" Blatt lesen und dann eine Meinung bilden. ;) Der Artikel in der FAZ sieht ganz anders aus ;)
Caracas FC
Gast
Chris und Joachim haben recht, danke für den sehr interessanten Link, Lothar.
Man sollte mittlerweile akzeptieren, dass wenn der Großteil der Massenmedien weltweit nur Unsinn über Venezuela berichtet, auch Gerhard Dilger in Porto Alegre (!) leider auch nicht näher an der Wahrheit dran ist.
Leute, schluckt nicht die Lügen der Presse, versucht euch fair über Venezuela zu informieren!
Viele Medien in Venezuela werden von der oppositionellen Oligarchie kontrolliert und die berichten was ihnen in die Politik passt. Leider gibt es kaum internationale Korrespondenten in Venezuela, so dass die, teilweise wie dieser Autor, am anderen Ende des Kontinents sitzen und auch nur von Pressemeldungen zehren.
chris
Gast
War nur fuer die Taz fadenscheinig. Chavez hat von vornherein gesagt das es sich um eine Debatte zwischen Intelektuellen handeln solle. Vargas LLosa hat weiter provoziert bis Chavez ganz klar und kaum fadenscheing erklaert hat, er seie "Soldat" und kein Intelektueller. Traurig das es die FDP Stiftung sogar schafft in Venezuela unheil anzurichten.
LG
Lothar Walczak
Gast
das hört sich auf Portal Amerika 21 aber ganz anders an:
http://www.amerika21.de/nachrichten/inhalt/2009/mai/opposition_293847_caracas/
cerebus.bloggeria.net
Gast
Hugo Chavez schwankt zwischen Held und Schande aus dem Hinterhof der Linken...
Joachim Scheper
Gast
Was soll "aus fadenscheinigen Gründen" heißen?? Wenn doch dan Angebot das einer breiten Diskussion war, dann ist doch eher die Forderung der Rechten merkwürdig Chávez und Vargas Llosa sollten zusammen diskutieren. Oder warum sollten sie das? Wenn nun Günter Grass fordern würde mit Kanzlerin Merkel im Fernsehen zu diskutieren und Frau Merkel absagt, wäre das "fadenscheinig"???
Warum sollte so ein rechter Krakeler wie Vargas Llosa aufgewertet werden durch eine Fernsehdebatte mit Chávez??