Treu wie Eichen hinter Hahn

FDP Nach mehrdeutiger Anspielung auf sein „asiatisches Aussehen“ nimmt Philipp Rösler den Chef der Hessen-FDP in Schutz

„Ich würde euch wählen, aber dafür müsste der Chinese weg“

VOLKES STIMME AM FDP-INFOSTAND

AUS BERLIN ANJA MAIER

Philipp Rösler verlor keine Zeit. Kaum war die Empörung über ein Zeitungsinterview seines Parteifreundes, des hessischen FDP-Landesvorsitzenden Jörg-Uwe Hahn, hochgekocht, gab Rösler am Freitagvormittag eine Erklärung ab. Fast möchte man meinen: eine Ehrenerklärung. Er verstehe die ganze Aufregung nicht, sagte der Parteivorsitzende, „Jörg-Uwe Hahn ist über jeden Verdacht des Rassismus erhaben.“ Als Integrationsminister habe er in den zurückliegenden Jahren erfolgreich gearbeitet.

In einem am Donnerstag erschienenen Interview mit der Frankfurter Neuen Presse hatte Hahn die Akzeptanz von FDP-Chef Rösler als Vizekanzler wegen dessen vietnamesischer Herkunft in Zweifel gezogen: „Bei Philipp Rösler würde ich allerdings gerne wissen, ob unsere Gesellschaft schon so weit ist, einen asiatisch aussehenden Vizekanzler auch noch länger zu akzeptieren“, erklärte Hahn auf die Frage, ob die parteiinterne Führungsdebatte vorbei sei. Philipp Rösler wurde 1973 in Vietnam geboren und im Alter von etwa neun Monaten von einem deutschen Ehepaar adoptiert.

Die Opposition reagierte heftig auf die Einlassungen des hessischen Vizeministerpräsidenten. „Herr Hahn scheint nicht alle beieinanderzuhaben“, schimpfte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel Gabriel, es handele sich bei seinem „unglaublichen Satz“ um „versteckten Rassismus“. Der Grünen-Politiker Volker Beck forderte die Liberalen auf, eine Debatte über ihre parteiinterne gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu führen – „egal ob es um Sexismus oder Rassismus geht, die FDP ist dazu unfähig“. Und Linksparteichef Bernd Riexinger forderte den Rücktritt Jörg-Uwe Hahns.

Ganz anders hörte sich das bei den Berliner Koalitionären an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ am Freitag über einen Sprecher ausrichten, sie sehe kein Problem mit der gesellschaftlichen Akzeptanz ihres Vizekanzlers. Sie arbeite mit Rösler „seit langem ausgezeichnet zusammen und schätzt nicht nur seine Arbeit, sondern auch ihn persönlich sehr“. Jörg-Uwe Hahns Äußerung sei eher Anlass für eine Debatte über möglicherweise latent in der Bevölkerung vorhandenen Rassismus.

Von einem „Missverständnis“ sprach Lasse Becker, Chef der Jungen Liberalen, gegenüber der taz. Hahn habe lediglich sagen wollen, „dass es Alltag ist, wenn an FDP-Wahlkampfständen die Leute sagen: ‚Ich würde euch ja wählen, aber dafür müsste erst einmal der Chinese weg.‘ Hahn ist wirklich der Allerletzte, der Rösler nicht als Bundesvorsitzenden wollte.“ Dass der Parteichef den Hessen in Schutz nimmt, hält JuLi-Chef Becker für einen „souveränen Umgang, Philipp Rösler macht damit deutlich, dass Rassismus bei einigen in der Gesellschaft ein Problem ist – aber nicht in der FDP.“

Seit Rösler vor knapp zwei Jahren zum Vorsitzenden gewählt wurde, werden in seiner Partei rassistische Bemerkungen über ihn gemacht. Da ist vom „Chinesen“ die Rede, auch schon mal vom „Fidschi“.

Der designierte Spitzenkandidat Rainer Brüderle hat zum Thema Glaubwürdigkeit der FDP mehrfach vor Publikum erklärt, diese gewinne man, „indem man nicht wie Bambusrohr hin und her schwingt, sondern steht wie eine Eiche. Deswegen ist die Eiche hier heimisch und nicht das Bambusrohr.“ Rösler hatte bei seinem Amtsantritt im Mai 2011 von sich gesagt: „Der Bambus wiegt sich im Wind und biegt sich im Sturm, aber er bricht nicht.“ Den Affront hat Brüderle in mindestens zwei Reden eingebaut: beim baden-württembergischen Landesparteitag Anfang 2012 sowie kurz darauf beim hessischen Landesparteitag.