Kämpfe in Somalias Hauptstadt: Mogadischu versinkt im Krieg

Der Polizeichef von Somalia ist bei neuen Gefechten getötet worden. Die Kämpfe zwischen Islamisten und Regierung spitzen sich zu.

Angehöriger der größten Miliz: Al-Shabab-Kämpfer in Somalia. Bild: dpa

NAIROBI taz Es war ein besonders brutales Gefecht, selbst nach den Maßstäben Mogadischus, wo schon seit Anfang Mai ein blutiger Showdown zwischen islamistischen Milizen und den Truppen der nahezu machtlosen Übergangsregierung Somalias stattfindet. "Wir haben uns in den Häusern zusammengekauert", sagt ein Bewohner. Wer das Pech hatte, am gestrigen Mittwoch im Süden der somalischen Hauptstadt unterwegs zu sein, warf sich in Hauseingänge, um den knatternden Gewehren und heulenden Raketen kein Ziel zu geben. Von mindestens acht Toten berichten somalische Medien, vermutlich liegt die Zahl weit höher. Auch Polizeichef Ali Said befindet sich unter den Toten.

In der nicht enden wollenden Schlacht um Mogadischu stehen auf der einen Seite die Islamisten, die bereits große Regionen im Süden Somalias kontrollieren. Neben der Shabaab, der größten Miliz, gehört zu ihnen Hisbul Islam, die vom international als Terrorist gesuchten Sheikh Hassan Dahir Aweys geführt wird. Berichte häufen sich, dass auch ausländische Söldner aufseiten der Islamisten kämpfen. Von bis zu 300 spricht der UN-Sonderbeauftragte für Somalia, Ahmedou Ould Abdallah. Waffen erhalten die Islamisten angeblich aus dem Iran und aus Katar, geschleust werden sie durch Eritrea. In Kismayo und Merka, den von den Hardlinern kontrollierten Hafenstädten südlich von Mogadischu, werden immer wieder Boote mit leichten Waffen und Raketenwerfern an Bord gesichtet.

Aufseiten des international anerkannten Übergangspräsidenten Sharif Ahmed steht eine heterogene Armee, die sich aus Kämpfern der ehemaligen Islamischen Gerichtshöfe, langjährigen Unterstützern der Übergangsregierung und zu Polizeikräften umgeschulten Milizionären zusammensetzt. Früher waren Sharif und die Gerichtshöfe selbst Teil der islamistischen Bewegung in Somalia, und weil die Kämpfer der Gerichtshöfe ebenso wie die Shabaab-Milizionäre ihre Gesichter in Tücher hüllen, werden sie im Getümmel immer wieder verwechselt und von Polizisten erschossen.

Kein Wunder, dass Sharif Ahmed, der seinen Präsidentenpalast von knapp 4.000 Soldaten der Afrikanischen Union aus Uganda und Burundi schützen lässt, nach neuen Unterstützern sucht. So erleben die etablierten Warlords und Geschäftsleute mit Privatarmeen in Mogadischu einen neuen Aufschwung: mindestens drei haben sich Sharif angeschlossen, ebenso der ehemalige Shabaab-Anführer Inda Adde, der eine mächtige Miliz kontrolliert. Nicht zuletzt hofft Sharif auf eine neue Miliz seines Clans der Abgal - Clanverbindungen wiegen in Somalia schwerer als politische Bündnisse.

Vor dem Hintergrund der Aufrüstung auf allen Seiten scheint ein schnelles Ende der Kämpfe ausgeschlossen. Verlierer, sagt Peter Smerdon vom UN-Welternährungsprogramm (WFP), ist die Zivilbevölkerung. "Mehr als 120.000 Bewohner sind alleine im vergangenen Monat aus Mogadischu geflohen", so Smerdon. "Die Lage ist sehr ernst, denn wo gekämpft wird, können wir nicht helfen. Oft sind wir nicht mal in der Lage, die neuen Vertriebenen aufzuspüren."

In den vergangenen zwei Jahren, so schätzen die UN, sind in Mogadischu über 18.000 Zivilisten ums Leben gekommen. Weit höher ist die Zahl der Verletzten. "Besonders bedenklich sind die schweren Verbrennungen und Verletzungen durch selbstgebaute Bomben, die immer häufiger eingesetzt werden", warnt Mohammed Yusuf, Direktor des Medina-Hospitals, einem der letzten funktionierenden Krankenhäuser in Mogadischu.

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