Anlage in nachhaltige Fonds: Raus aus der Nische
Die Finanzkrise könnte das geringe Interesse an nachhaltigem Investment stärken. Gütesiegel könnten die Anlagewahl erleichtern.
BERLIN taz | Den Deutschen ist bei der Geldanlage die Umwelt weitestgehend egal. Je nach Quelle und Definition liegen gerade mal knapp ein bis knapp zwei Prozent des deutschen Anlagevermögens in nachhaltig ausgerichteten Fonds. Das ist deutlich unter dem europäischen Schnitt von elf Prozent des investierten Fondsvermögens. Woran das liegt, wollte das Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) jetzt auf einer Tagung herausfinden, zu der der Dachverband der Branche nach Berlin eingeladen hatte.
Ein Problem seien Anlageberater, die zu wenig Ahnung von Nachhaltigkeitskriterien haben und deshalb lieber die Standardprodukte verkaufen, die sie schon kennen, mutmaßte zum Beispiel der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Gerhard Schick. Frank Wettlauffer, Vorstand der Sarasin Wertpapierhandelsbank, verwies aber darauf, dass eine intensive Beratung Geld koste, was sich für die Bank bei der Anlage von kleineren fünfstelligen Beträgen meist nicht rechne.
Abhilfe könnte ein Gütesiegel schaffen, so wie beim Fair-Trade-Kaffee oder der Bio-Banane. Doch Wettlauffer zeigt sich auch hier skeptisch. Was genau soll denn als nachhaltig bezeichnet werden? Gehören Konzerne dazu, die Atomkraftwerke betreiben, die klimaschonender Strom produzieren als Kohlekraftwerke? Ist ein Investment in Chemie-oder Ölkonzerne schon dann nachhaltig, wenn sie in ihrer Branche Klassenbester sind? Diese Fragen seien zu lösen, sagte Schick, schließlich habe es beim EU-Bio-Siegel ähnliche Debatten gegeben. Man müsse eben nur Mindeststandards festlegen.
In Österreich wurde so ein Logo, das Umweltzeichen für Grüne Fonds, bereits eingeführt, sagt Klaus Gabriel, Vorsitzender von Cric, einem Verein von ethisch orientierten Investoren. Allerdings sei der Bekanntheitsgrad noch gering, und bei der Anlageentscheidung habe das Logo bislang keine große Rolle gespielt.
Die Branche in Deutschland hat sich noch nicht auf einheitliche Kriterien für ein solches Logo geeinigt. Bislang reichte es nur zur Unterstützung eines europaweiten Transparenzzertifikats, das bestimmt, worüber die Fondsmanager Auskunft geben müssen. Aber damit seien noch keine Anlagekritereien festgelegt, sagt Claudia Tober, Geschäftsführerin des Forums. Der Dachverband setzt sich zudem für eine Stärkung der nachhaltigen Geldanlage durch die Politik ein und fordert unter anderem die Bindung der Riester-Renten an entsprechende Standards.
Doch auch ohne die Politik wächst das Geschäft in der Anlagennische. Im deutschsprachigen Raum waren im März diesen Jahres 294 nachhaltige Fonds für den sogenannten Publikumsvertrieb zugelassen, also auch für den ganz normalen Sparer, der ein paar Anteile erwerben will. Das waren 113 mehr als Ende 2007. Insgesamt lagen darin 21 Milliarden Euro. Damit blieben auch die nachhaltigen Fonds nicht von den Turbulenzen an den Aktienmärkten verschont. Vor eineinhalb Jahren betrug das Anlagevermögen noch 34 Milliarden Euro.
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