Der nächste große Ölstaat Afrikas: Ghana möchte vorbildlich bohren
Ghanas Regierung will versuchen, die ökologischen und sozialen Fehler von anderen Ölförderern Afrikas wie Nigeria zu vermeiden, wenn nächstes Jahr die Ölproduktion beginnt.
Ghana wird zum Ölstaat. Seit die irische Ölfirma Tullow Oil vor zwei Jahren die ersten größeren Ölfunde vor der Atlantikküste des Landes verkündete, sind die Aussichten auf Ölreichtum ständig gewachsen. 600 Millionen Barrel sind im Ölfeld "Jubilee" nachgewiesen, und über 3 Milliarden Dollar will Tullow investieren, um ab Mitte 2010 die Förderung aufzunehmen. In den letzten zwei Monaten vergab Ghana elf neue Ölsuchlizenzen vor seiner Küste, womit das Land zum Zentrum der Ölexpansion in Westafrika geworden ist. Selbst die russische Lukoil hat eine Konzession erworben. Wenn die Ölförderung tatsächlich beginnt, soll sie nach geltenden Prognosen bei 120.000 Barrel täglich liegen, was einen Jahresumsatz von 1,5 Milliarden Dollar mit rund 100 Millionen Dollar Steuereinnahmen ergibt. Bis 2012 könnte laut Prognosen Ghanas Ölförderung 300.000 Barrel täglich betragen und ein jährliches Wirtschaftswachstum von über 12 Prozent herbeiführen.
Aber im Lichte der schlechten Erfahrungen von anderen Ölförderländern wie Nigeria will Ghanas Regierung nun erst einmal per Einbeziehung der Bevölkerung sicherstellen, dass das Öl auch den Menschen zugutekommt. So wurde ein bereits ins Parlament eingebrachter Ölgesetzentwurf wieder zurückgezogen, um ihn in einem Konsultationsprozess breiter beraten zu lassen. Das Energieministerium sagte, die Überarbeitung solle dafür sorgen, dass die Bedenken zivilgesellschaftlicher Gruppen besser eingefangen werden. Der Gesetzentwurf stammt noch von Oktober 2008, aus den Zeiten des früheren Präsidenten John Kufuor, der im vergangenen Dezember abgewählt wurde. "Wir werden die breiteren Sorgen einfangen, bevor der Gesetzentwurf Gesetz wirft", sagte kürzlich Vize-Energieminister Kwabena Donkor. "Es gibt breiten Konsens im Land, dass der Ölsektor gut geordnet werden muss."
Die Regierung sagt, es gehe ihr bei der Ölpolitik darum, dass möglichst viele einheimische Unternehmer am kommenden Boom beteiligt sind und dass es ein möglichst starkes institutionelles Regelwerk gibt. Wichtigste offene Frage ist die Verteilung der Öleinnahmen. Zivilgesellschaftliche Gruppen sind auch verärgert darüber, dass die in Ghana aktiven Ölfirmen Umweltfragen nachrangig behandeln. Als die Weltbank-Tochter IFC im Februar ein 215 Millionen Dollar schweres Finanzierungspaket für die Ölfirmen Kosmos Energy und Tullow Oil zur Entwicklung ghanaischer Ölfelder vor der Küste schnürte, protestierten die ghanaischen Gruppen, dass eigentlich erst die in Ghana gesetzlich vorgeschriebene Verpflichtung zu einer kompletten Untersuchung der ökologischen und sozialen Auswirkungen der Ölförderung sowie der Folgen für die Fischerei erfüllt werden müsste.
"Die Unternehmen hatten es eilig, die Kredite zu bekommen, und die Vorgängerregierung hatte es eilig, das Öl zu kriegen, also hatten beide ein Interesse daran, die Vorschriften zu umgehen", sagt Bishop Akolgo, Direktor des Integrated Social Development Centre (ISODEC). Lorenzo Cotula vom International Institute for Environment and Development (IIED) warnt Ghana davor, den schlechten Beispielen von Nigeria und Tschad zu folgen: "Man kann fürchterliche Fehler machen. Aber wir können von den anderen lernen." Zum Beispiel soll anders als in Nigeria das bei der Ölförderung entweichende Erdgas nicht abgefackelt werden, und die Regierung will Sonderfonds für die Öleinnahmen einrichten.
Ghana versucht derweil, seine Ölreserven zu vergrößern. Sollte das Land seine Territorialgewässer im Rahmen der geltenden UN-Konventionen auf 200 Seemeilen (370 Kilometer) erweitern, lägen darin bis zu 8 Milliarden Barrel Öl. Das würde Ghana endgültig zu einem der Großen machen.
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