piwik no script img

Rechtsextreme SchlägerMit Hitlergruß auf der Tanzfläche

Bilder im Internet zeigen die am Sonntag verhafteten Rechten ganz privat - und offen rechtsextremistisch.

Hier haben die vier Rechtsextremen vor der Schlägerei gefeiert: Die Diksothek Jeton in Berlin-Friedrichshain Bild: AP

Auf den ersten Blick sind es Fotos, wie sie viele Jugendliche von sich ins Internet stellen: Partyszenen, Schnappschüsse, Gruppenbilder. Doch die vier Brandenburger auf den Fotos werden vorerst keine Bilder mehr auf ihre Seiten stellen. Sie sitzen wegen versuchten Totschlags seit Sonntag in Untersuchungshaft - wegen des brutalen Übergriffs auf den 22-jährigen Jonas K. am S-Bahnhof Frankfurter Allee.

Die Bilder der Neonazis, die am Freitag auf dem linken Onlineportal indymedia zu sehen waren, wurden offensichtlich aus privaten Profilen der Täter und deren Freunden aus einem Onlinenetzwerk herauskopiert. Dessen Betreiber konnten dies auf Anfrage weder dementieren noch bestätigen. Auch die Polizei hat sich schon bei den Betreibern wegen der Fotos gemeldet.

Haupttäter Oliver K. ist auf einem Foto mit einem T-Shirt der Nazi-Band Skrewdriver zu sehen. Ein Bild zeigt den korpulenten Täter Marcel B., wie er vor einem Imbiss neben der Disco Jeton sitzt und lachend den Hitlergruß zeigt. Auf der Aufnahme einer Wohnung ist im Hintergrund ein Poster von "American History X" sichtbar. Aus diesem Film stammt die Vorlage für den tödlichen "Boardsteinkick", bei dem auf den Kopf des Opfers getreten wird, um es zu töten. Auch Oliver K. soll am Sonntag seinem bewusstlosen Opfer in den Nacken getreten haben.

Die Fotos zeigen ein bedrohliches und krudes rechtsextremes Weltbild in allen Lebensfacetten. In einer Hand das Bier zu halten und mit der anderen den Hitlergruß zu zeigen gilt in diesen Kreisen als normaler Partyspaß. "Abhitlern" wird das in der rechten Szene scherzhaft genannt.

Dass die Täter derart explizite Aufnahmen, deren Veröffentlichung schon einen Straftatbestand darstellt, offenbar selbst ins Netz geladen haben, überrascht Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) nicht. "Die Bilder zeigen, wie stark die Täter, unabhängig vom Grad ihrer Organisierung in der Szene, einen rechtsextremen Lebensstil zelebrieren", sagte Klose der taz. "Das Zurschaustellen von Waffen, Hitlergruß und Propagandamaterial dient einer rechtsextremen Identitätsschaffung, aus der heraus es zu solchen brutalen Übergriffen wie in Friedrichshain kommen kann."

Die Bilder belegen auch ein weiteres Detail. Die Rechtsextremisten gingen anscheinend häufiger in die Diskothek Jeton in Friedrichshain. Ein Bild zeigt Marcel B., wie er an einem unbekannten Tag mitten in der feiernden Menge den Arm zum Hitlergruß hebt. In einer Stellungnahme auf der Website des Jeton heißt es, die "sogenannte Linke Szene" würde fälschlicherweise "propagieren", dass die vier Täter Gäste des Jeton gewesen seien. Zwei Klicks weiter, in der Bildergalerie zur Tatnacht, findet man jedoch zwei Fotos, die den Haupttäter und einen weiteren Festgenommenen auf der Tanzfläche zeigen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

7 Kommentare

 / 
  • H
    heisenberg

    - @taz: 'pavement pitching' gibt's mindestens seit denn frühen 80ern. American history x greift das nur auf.

    - da hat der posterbesitzer (history x) aber den film nicht so ganz geschnallt. das bedient ein klischee, passt aber trotzdem. auch auf:

    - @ anteater. ist schon erstaunlich, wie naiv viele anhänger extremrechter ideologie doch sind... in einem land, in dem die ideologie, derer fans sie sind, in reinkultur realisiert wäre, würden die allermeisten von ihnen entweder als kanonefutter verheizt werden, nicht geboren worden sein (die falschen gene, resp. vorfahren), interniert worden sein (a.g. "volkszersetzenden verhaltens", disziplinlosigkeit, unpassender sexueller orientierung, ...) oder hätten evtl. sogar das krankenhaus nach der geburt nicht verlassen (euthanasie).

    ALLERDINGS sind da so einige 'linke' auch nicht weniger naiv (man denke mal an stalinismus in reinform).

     

    Was mich bei dieser gelegenheit mal wieder mächtig ankotzt, ist, dass es genug ar***krampen sowohl rechts, als auch links gibt, deren pseudo-politische begründung für gewalt beliebig austauschbar ist - hauptsache es gibt für die 'bösen' eins 'auffe fresse'. Rechtsaussen ist gewalt weitaus deutlicher ideologieimmanent, dafür hat sich die linke seite des sprektrums bis heute ihre tradition bewahrt, alles bis zur totalen ineffizienz zu zerreden und sich fraktionsweise zu sabotieren. Das, in kombination mit völlig überholtem lagerdenken verhindert nach wie vor äußerst nachhaltig, dass von links aus wesentliches (z.b. gegen rechtsaussen) bewegt würde. So oder so ähnlich schon x-mal rezipiert (sinngemäß): " 'Die faschos sind voll krass organisiert' 'Rechtsextreme bilden also anscheinend effiziente, qualitativ (para)militärische dis/informations-strukturen? Ja, dann vernetzt euch doch auch effizienter' 'Ja, machen wir ja, aber die rechten sind da voll extrem krass' 'Das liegt am besseren know-how (z.b. ausbildung beim bund) und klarerem konsens bezügl. praktischer fragen.' 'hä?' 'wenn es zu grundlegenden situationen klare protokolle gibt und gute technische ausstattung, klappt's eben besser als wenn man sich nicht mal auf einfachstes 'wer wann was' einigen kann' 'heisst das, wir sollen jetzt nen föhrer wählen, der dann kommandos funkt oder was?' '*seufz*, information, kommunikation, standardisierung, taktische adaption und nur wenn es sein muss auch mal improvisation. klare strategie, effiziente taktik. da kann man auch im rahmen ganz legaler, ethisch legitimer möglichkeiten...' 'was bist du denn für einer - militarier, agent provokateur, bulle, oder was?!' '*augenroll* du kannst halt nicht auf kreisliganiveau ein länderspiel planen - vor allem wenn seit 90 jahren gestritten wird, wer die trikots aussuchen darf' 'ach mit dir kann man nicht vernünftig diskutieren (sic!)' "

     

    Und was lagerdenken, gepaart mit mangelnder selbstreflexion und schlechter rethorik angeht: das ist soooo 80ies... 2 beispiele aus einem anderen bereich: ein studierendengremium beschließt öffentliche maßnahmen (demo, 'streik') gegen konkrete auswirkungen der bildungspolitik. haltung: 'wir hier unten, wir und die unpolitischen dummies, und die da oben - drecks establishment' dazu dann o-ton (öffentlich, mehrerer) hochschulrekoren: 'sehen wir auch so (kritik an zuständen), bitte geht alle zu den demos, wir finden das auch wichtig. aber warum sprecht ihr nicht mit uns? in dem fall ziehen wir doch am selben strang?' --> die ach so hippen revoluzzer stehen als spießiger da, als 'das establishment' und ist für die mehrzahl der studierenden (leider) unglaubwürdig.

    Oder: Interview zu brennenden autos und de-gentrifikation mit antifa-vertreter (auf rbb)... Der interviewte äußert sich relativ stereotyp (nicht wertend gemeint) und plakativ zur problematik und zur haltung 'der berliner antifa'. Die interviewerin fragt, ob er damit meine, es sei legitim anderen menschen vorzuschreiben, wo sie wie leben wollen und ob das mit seiner ideologie vereinbar sei, dass er andere lebensentwürfe ausgrenze und ob er diesen menschen denn damit nicht sehr intolerant gegenüberstehe wenn er sage 'für dich ist hier kein platz'. Darauf kommt vom interviewten (jetzt deutich erblasst und nervös) nur rumgeeiere, jede menge 'äh...äh' und irgendwas wie 'zeichen gegen gentrification, und so'. Rethorische falle - peinlich reingetappt.

    Aber leider ist es doch so:

    Wer logisch denken kann, konsequent und praktikabel planen und zielorientiert handeln kann -und sich politisch betätigen möchte- der/die steigt rechts der mitte (meist) schnell auf und kann produktiv sein (im sinne des jew. vereins) - links der mitte gilt das viel zu oft als technokratisch, unbequem, zu rechts (sic!) oder einfach irgendie'doof'. Seit 90 Jahren nichts neues hierzulande. Schade eigentlich.

    Und noch mal gaaanz einfach für alle:

    "Wenn ihr den Eindruck habt, 'die' sind euch immer überlegener - ja, da habt ihr leider recht. Aber bloß rumheulen hilft da nicht. Selber militant werden eskaliert nur - und nützt 'denen' mehr als euch. Ihr müsst einfach besser werden - erfolg ist nämlich weder spießig noch rechts noch links. Wenn ihr die Eilt verbessern wollt, fangt bei euch selber an!"

     

    puh... das musste mal sein ;-)

    heiterweiter&nixfürungut

  • JO
    Jürgen Orlok

    Also habe ich mich über die site des "Jeton" hergemacht, doch oh Wunder ich konnte keinen Hitlergruß erkennen. Die einzigen Personen, die der "Beschreibung" im Artikel nahe kamen, machten nur die blöden Gesten, die so DumpfBeatFans so auf der Tanzfläche machen ....

    dann wäre Deutschland ja schon wieder erwacht, da diese Geste in jeder Disko in Deutschland zu bestaunen ist, auf der 'Love Parade' natürlich auch !

    Journalismus sieht anders aus !!!!!

     

    Anmerkung der Redaktion: Die Fotos mit den eindeutigen Hitlergrüßen standen auf den Seiten der Internet-Community Jappy. Nachdem Berichte über die Fotos veröffentlicht wurden, wurden die Fotos dort gelöscht. Screenshots der Fotos sind auf de.indymedia.org zu finden.

  • N
    @ndréw

    hallo???!

     

    antifa sieht anders aus??? die haben spass gehabt auf dem kiez und und sind von keiner aktion gekommen! ich muss doch nicht aus jedem weggehen ein politisches ding machen und mich in 10er gruppen zusammenschliessen um nicht von dusseligen hässlichen NAZIS totgeprügelt zu werden. mitten in BERLIN!!!

     

    solidarische grüsse aus HAMBURG St. Pauli!!!

     

    wir sind ENTSETZT!!! hier über das geschehene!!!

     

    SCHEISS NAZIS!!!!

  • A
    anteater

    Interessante Bilder. Ob es für den, wie die TAZ ihn nennt, korpulenten Täter (extrem fett trifft es genau) unter Hitler überhaupt passende Uniformen gegeben hätte? Sicher repräsentiert keine der abgebildeten Personen eine Herrenrasse. Wie gerade solche sich dann als Jünger des glücklicherweise längst überlebten Österreichers sehen können ist für mich genauso wenig nachvollziehbar wie deren menschenverachtende Ideologie.

  • HC
    Hella Charlot

    Gibt es eigentlich eine Polizei in Berlin? Ich meine, eine jenseits der Kurraz?

  • I
    interessant

    Unser ganzes Land wird ein Polizeistaat, wie ihn die SA herbeigesehnt hätte, und ihr habt nix besseres zu tun, als groß darüber zu berichten, wie in irgendwelchen Dörfern auf der Tanzfläche mit dem Hitlergruß herumgekaspert wird.

     

    Das wirkt wie eine Ersatzhandlung, mit der ihr versucht, eure innere Unruhe als zeitgeplagte, interessengefiltert informierte Journalisten zu beruhigen. An den wirklichen Faschismus traut ihr euch nicht ran.

  • L
    lodda

    ...und man mir jemand erklären, wo der sogenannte Kampfhund her kam? Immerhin war er der Auslösert( nicht der Grund) der Auseinandersetzung.

    Bei der Schaumparty in der Disko war er wohl nicht dabei!

    Mir scheint als wären Teile der abscheulichen Tat und dessen Hergang doch sehr konstruiert.