Vermeintliche Kritik unter der Gürtellinie

Dem Jugendamt Treptow-Köpenick wird vorgeworfen, in mehreren Sorgerechtsentscheidungen zugunsten von Vätern zu entscheiden. Das bekommt auch die Vietnamesin Hang K. zu spüren. Doch das Jugendamt weist die Vorwürfe zurück

Das Jugendamt Treptow-Köpenick verweigert der Vietnamesin Hang K. Kitaplätze für ihre Kinder im Alter von vier und fünf Jahren in Wohnnähe. Ohne diese Kitaplätze kann die Vietnamesin den Integrationskurs beim Verein Susi e. V. nicht wahrnehmen, für den sie angemeldet war.

Hang K. will sich gerade von ihrem deutschen Mann scheiden lassen und ist aus der Wohnnähe ihres Mannes im rechtsextrem belasteten Altglienicke in Treptow-Köpenick nach Friedrichshain-Kreuzberg gezogen. Dort fühlt sie sich als Migrantin besser angenommen. Während des Trennungsjahres leben die Kinder laut Gerichtsbeschluss an den Wochentagen bei ihr, am Wochenende beim Vater.

Eine Gerichtsgutachterin plädiert für ein alleiniges Sorgerecht für den deutschen Vater nach Ablauf des Trennungsjahres (die taz berichtete über den Fall). Der Grund: Hang K. sei psychisch instabil. Nach eigenen Angaben wurde Hang K. von ihrem Mann mehrfach geschlagen und gedemütigt. Der Ehemann, der nach einer gewalttätigen Auseinandersetzung aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen wurde, bestreitet die Vorwürfe. Ein Gerichtsverfahren ist anhängig.

Der Rechtsanwalt von Hang K., Thomas Zebisch, unterstellt dem Jugendamt Treptow-Köpenick, es wolle eine gerichtliche Sorgerechtsentscheidung zugunsten des deutschen Kindesvaters erzwingen. „Das wird mit einer Vehemenz betrieben, die ich in meiner langjährigen anwaltlichen Tätigkeit noch nie erlebte. Zuerst versuchte das Jugendamt, meiner Mandantin zu verbieten, in einen anderen Bezirk zu ziehen.“ Weil das nicht klappte, nehme das Jugendamt die Kündigung des Kitaplatzes im alten Wohngebiet nicht an. Doch ohne rechtskräftige Kündigung darf eine andere Kita die Kinder nicht aufnehmen. Das Jugendamt verweigert die Kündigung, so Zebisch, auf Antrag des Vaters. Der wolle, dass die Kinder in seiner Wohnumgebung zur Kita gehen.

Die alte Kita ist eine Stunde Fahrzeit von Hang K.s jetziger Wohnung entfernt. „Ich müsste dann viermal am Tag jeweils eine Stunde Bahn fahren, um die Kinder in die Kita zu bringen und abzuholen. Das schaffen weder die Kinder noch ich“, erklärt sie der taz. Deshalb bleiben die Kinder seit sechs Wochen zu Hause, und Hang K. kann nicht zum Integrationskurs. Einen vorbereitenden Deutschkurs hatte sie zuvor erfolgreich absolviert.

Die PDS-Abgeordnete Minka Dott kommt aus Köpenick und kennt andere Fälle, in denen das Jugendamt Treptow-Köpenick in strittigen Sorgerechtsentscheidungen das Recht der Väter höher veranschlagte als die Interessen der Kinder. „Das geschieht auch in Fällen ohne multikulturellen Hintergrund. Die mir bekannten Mütter benötigten Wochen, um Fehlentscheidungen des Jugendamtes gerichtlich zu korrigieren“, sagt Dott. Für eine Migrantin mit Sprachproblemen sei dies ungleich schwerer.

Jugendstadtrat Joachim Stahr (CDU) weist die Vorwürfe zurück. Rechtlich habe das Jugendamt keine Möglichkeiten, der Aufnahme in eine Kita zuzustimmen, die nicht von beiden Eltern gewünscht wird. „Da müssen die Eltern sich einigen oder ein Familiengericht anfragen“, sagt er. Die Vorwürfe der PDS-Abgeordneten Minka Dott seien „unter der Gürtellinie“. Stahr kündigt an, sein Amt werde die „psychisch problematische Struktur“ von Hang K. vor Gericht thematisieren: „Sie hat einer meiner Mitarbeiterinnen eine Beziehung zu ihrem Mann unterstellt. Wo gibt es denn so was?“ MARINA MAI