Wulff gewinnt Kampf der Landesfürsten: Die Osnabrücker Sphinx
Das Ringen um Porsche war auch ein Kampf zweier Ministerpräsidenten, zweier Bundesländer und zweier CDU-Politiker. Mit einem eindeutigen Sieger: Christian Wulff.
HANNOVER taz | Günther Oettinger blieb am Donnerstag nichts weiter übrig, als schmallippig für den Zusammenschluss von Porsche und VW zu werben. Innerlich dürfte er in den Tisch gebissen haben, vor dem die Journalisten saßen und neben dem ökonomischen Triumph des Ferdinand Piëch auch das Ergebnis eines CDU-internen Preisfights notierten. Christian Wulff, Niedersachsen, versus Günther Oettinger, Baden-Württemberg. Ergebnis: Sieger nach technischem K. O. "The Lower Saxony Steel Hammer Christiiiiaaaaaaan Wuuuuuulfff".
Wulf, der so viel Wert auf sein Softie-Image als Ministerpräsident "ohne Ambitionen nach Berlin" legt, entpuppte sich als kühler Stratege. Er hatte mit Oettinger auch noch eine Rechnung offen. Als Porsche-Lenker Wendelin Wiedeking ihn 2004 in einem Vier-Augen-Gespräch über den projektierten Porsche-Einstieg bei VW informierte, glaubte Wulff den Beteuerungen des Managers, es handele sich um ein begrenztes Engagement. Zu diesem Zeitpunkt dürfte Oettinger aber schon klar gewesen sein, dass Porsche eine feindliche Übernahme plant.
Als Wulff dies erkannte, ging er zu Merkel und ließ sich Niedersachsens Sperrminorität in das reformierte VW-Gesetz schreiben. Damit ließ sich Wiedeking und Oettinger schon mal fröhlich Paroli bieten. Die Gelegenheit zum großen Gegenschlag kam mit der Wirtschaftskrise. Ende Mai, als Porsche das Wasser schon bis zum Hals stand, weil niemand wusste, wo die 1,75 Milliarden aufzutreiben wären, die den täglichen Betrieb in Zuffenhausen in Gang halten sollten, titelte die Stuttgarter Zeitung: "Wulff spottet, Oettinger bangt".
Zur selben Zeit unterhielt Wulff in Hannover eine Runde Parteifreunde mit dem Schalk, bald sei Porsche die zehnte Marke im VW-Imperium. Die Kumpels lachten. Wulff war aber sicher, dass sich der Wind in der Übernahmeschlacht gedreht hatte. In der Presse lancierte er Gemeinheiten über Wiedeking und gab bübisch grienend die Osnabrücker Sphinx: "Wir an der Küste wissen: Erst bei Ebbe sieht man, wer nackt im Wasser steht."
Hinter den Türen der Stuttgarter Staatskanzlei behängte man den Niedersachsen längst mit Adjektiven wie "fies", "doppelgesichtig" und "hinterhältig", weil man nicht ganz zu Unrecht vermutete, der Parteifreund erfreue die Banken mit dem Tipp, es lohne nicht, auf die Loser von Porsche noch einen Penny zu setzen. Wo Wulff Recht hat, hat er Recht.
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