Kommentar Honduras: Soldaten, die denken

Dass die Militärs Micheletti den Schwarzen Peter zurückgeben, ist ein erster Riss durch die Institutionen des Staats.

Man könnte das Zeltlager des gestürzten Präsidenten Manuel Zelaya an der Grenze zu seinem Heimatland als bloße Show für die Medien abtun. Er hat nur kurz die Kette angehoben, die ihn von seiner Heimat trennt und ging dann schleunigst zurück nach Nicaragua. Zelaya kocht den Konflikt mit der Putschregierung auf kleiner Flamme und wartet ab, was auf der anderen Seite geschieht.

Und dort tut sich Erstaunliches: Am Samstag veröffentlichte die Armee eine Erklärung, in der sie versicherte, sie respektiere jedes Ergebnis, das bei Verhandlungen im Rahmen des San-José-Abkommens gefunden werde. Der erste und nicht verhandelbare Punkt dieses Vorschlags des costa-ricanischen Präsidenten Arias ist die Rückkehr Zelayas ins Präsidentenamt. Die Armee sagt klipp und klar: Wir können damit leben. Damit rückt sie von Roberto Micheletti ab, der noch immer behauptet, es habe lediglich ein verfassungsgemäßer Regierungswechsel stattgefunden, mit ihm als rechtmäßigem Präsidenten und Zelaya als gesuchtem Verbrecher.

Am Tag des Staatsstreichs agierten die Streitkräfte in der Art der Siebziger- und Achtzigerjahre: Als Handlanger der politischen und wirtschaftlichen Elite warfen sie den ungeliebten Präsidenten mit Waffengewalt aus dem Land. Jetzt versuchen sie, das befleckte Image wieder aufzupolieren. Sie wollen nicht als die bösen Buben dastehen, die im Interesse der Oligarchie das Volk in Schach halten und die, wenn es diesem Interesse dient, auch schießen. Sie haben Micheletti an die Macht gebracht. Jetzt geben sie ihm den Schwarzen Peter zurück.

Das ist noch keine Wende, aber doch ein erster Riss durch die bislang als Block auftretenden Institutionen des Staats. Micheletti, das Parlament und das Oberste Gericht müssen sich nun überlegen, wie es weitergehen soll mit dem Militärputsch, bei dem die Militärs nicht mehr richtig mitspielen wollen.

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1956 im Hohenlohischen geboren. Hat beim Schwäbischen Tagblatt in Tübingen Journalismus gelernt und dort als Redakteur fast zehn Jahre lang ausgeübt. Danach war er vier Jahre Journalismusprofessor an der Zentralamerikanischen Universität in San Salvador, acht Jahre Korrespondent für Mittelamerika und die Karibik für taz (Berlin) und Weltwoche (Zürich) und vier Jahre Auslandsredakteur beim Schweizer Nachrichtenmagazin Facts. Von 2006 bis 2009 bei der Reportage-Agentur Zeitenspiegel, zuletzt als Mitglied der Geschäftsführung. Er ist Dozent an der Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl in Reutlingen und der Burda Journalistenschule in Offenburg. 1987 wurde er mit dem Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet. 2010 Mitgründer von latinomedia - Büro für Journalismus. Er betreut seither das latinomedia-Büro Tübingen und pendelt zwischen Deutschland und Lateinamerika.

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