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Filmporträts über Merkel und SteinmeierUnheimliche Gemeinsamkeiten

Zum Wahlkampfauftakt porträtiert das ZDF Angela Merkel und Frank-Walter Steinmeier. Der Blick auf die Kanzlerin fällt dabei deutlich kritischer aus.

"Der Kandidat" und "Die Kanzlerin" zeigen, wie ähnlich sie dich Steinmeier und Merkel eigentlich sind. Bild: ap

BERLIN taz | Der Satz, der im ganzen Film am meisten irritiert, stammt von Frank-Walter Steinmeier selbst. "Ich bin jemand, der vom Ende her denkt", sagt er, als er zu einer Selbstcharakterisierung aufgefordert wird. Wie bitte? Bislang war das eine der wenigen Gewissheiten, die das Publikum von Angela Merkel zu haben glaubte: Ihren Erfolg verdanke sie dem Umstand, so hieß es, dass sie anders als ihre hormongesteuerten Konkurrenten die Dinge "vom Ende her" betrachte.

So belegen die beiden Porträts, die das ZDF am Dienstag und am kommenden Dienstag über den Kandidaten und die Kanzlerin zeigt, vor allem eines: die fast schon unheimliche Ähnlichkeit der Politikerin und des Politikers, die nach dem 27. September gut und gerne wieder miteinander regieren könnten. Wobei der Juniorpartner darauf angewiesen ist, zumindest glaubt er das, vorher noch einen konfrontativen Wahlkampf zu inszenieren. Und damit ist er automatisch in der schwächeren Position.

Die beiden ZDF-Porträts zeigen zwei Postheroiker im charismafreien Raum. Weder Steinmeier noch Merkel, so lernen wir in den Filmen von Claus Richter und Ulf-Jensen Röller bzw. Michaela Kolster und Peter Frey, beherrschen die direkte Ansprache im Nahkampf mit dem Volk. Beide, so zeigen die Bilder, bewegen sich viel souveräner auf der Bühne der internationalen Diplomatie.

Ihre Partner gehen lieber dem eigenen Beruf nach denn als First Lady oder Husband zu repräsentieren. Politiker wurden sie relativ spät. Nach Feierabend schließlich umgeben sie sich am liebsten mit Freunden aus Kunst und Wissenschaft - Steinmeier etwa mit dem Schauspieler Ulrich Matthes, Merkel mit dem preisgekrönten Molekularchemiker Helmut Schwarz.

Der Beitrag über Merkel ist kritischer geraten als jener über Steinmeier. "Sie hat gelernt, für schöne Bilder zu sorgen": Zu solchen Sätzen gerinnt der ganze Frust der Fernsehjournalisten über ihre Instrumentalisierung durch eine Frau, die einst als medial schwer vermittelbar galt - und die den angeblichen Medienkanzler Gerhard Schröder heute weit übertrifft. Gezeigt wird, wie sie auf ihrer Mittelstandsreise kaum etwas zu sagen hat und umso zielstrebiger den abschließenden Fotopunkt ansteuert. Das würde freilich kaum funktionieren, stünden die Fotografen und Kameraleute dort nicht willig bereit.

In dem Beitrag gewährt Merkel auch einen jener kleinen Einblicke, mit denen sie seit Monaten schon ihre öffentliche Menschwerdung zelebriert. An ihrem schweren Schreibtisch, erfahren wir, führt sie nur Telefonate. Das Aktenstudium dagegen betreibt sie ganz unscheinbar an einem Eckchen des Besprechungstischs, an dem sie auch die morgendliche Runde ihrer engsten Vertrauten empfängt.

Der Blick auf Steinmeier ist milder, beinahe mitleidig, was fast schon wieder eine Beleidigung ist. In einer Machtposition, die durch mediale Kritik konterkariert werden müsste, wird der Bundesminister des Auswärtigen zumindest in seiner Funktion als Kandidat nicht mehr gesehen - dabei war das Porträt längst fertiggestellt, als neue Wogen der Empörung über ihn hereinbrachen wegen seiner Wahlversprechen.

Um Nettigkeiten bemüht sind nahezu alle Weggefährten, die in dem Beitrag über Steinmeier zu Wort kommen, und als nett schildern sie auch den Mann. Zu nett. "Das Spiel gelenkt, das hat er nicht. Da war er nicht für geboren", erklärt ein früherer Fußballtrainer. Auch Exkanzler Schröder bekennt, er habe nie Angst vor Steinmeier gehabt - "weil sein Club zwei Klassen unter meinem spielte." Eilig schiebt er hinterher: "Was nicht ihn kennzeichnet." Und der befreundete Schriftsteller Sten Nadolny sagt: "Er kann immer das, was er muss."

Aber ist das nicht auch bei Merkel so?

"Der Kandidat" (04.08.2009, 20.15 Uhr im ZDF)

"Die Kanzlerin" (11.08.2009, 20.15 Uhr im ZDF)

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10 Kommentare

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  • O
    Operanizer

    Demokratisierung des Kanzlerjobs? Als "Postheroiker" werden unsere zwei Kandidierenden bezeichnet, aber ich frage mich: Brauchen wir Helden? Ist das nicht etwas vielmehr etwas Positives, weg von der eigenwilligen Autorität, hin zum pragmatischen Repräsentanten?

  • BS
    Berthold Sonnemann

    Die Bürger wählen, was sie wollen.

    Die Politiker machen, was sie wollen.

     

    Eine Fernsehsendung (wenn sie überhaupt mehr als ein Konstrukt ihrer Macher ist) kann realistischerweise nichts anderes zutage fördern, als dass sich durch Wahlen nur die Köpfe der Politiker ändern, nicht aber die Inhalte.

     

    Das liegt auch am strukturellen Konservativismus (ein Begriff, der von Lateinisch "servus" = "Sklave" abgeleitet ist); ein Beispiel:

     

    Wenn alle rund 5 Millionen Opelbesitzer SPONTAN 5% bis 10% des Geldbetrages, den ein neues Opelauto kostet, zusammenlegen und in die Opelwerke investieren würden, kämen mehr als 5 Milliarden Euro zusammen und Heuschrecken oder Investoren wären völlig überflüssig. Aber die sprichwörtliche Mantafahrermentalität scheint Demokratie in der Wirtschaft noch viel mehr zu verbauen als in der Politik.

  • A
    Altgrieche

    A Kut:

     

    Po-sterrhoiker wäre die etymologisch richtige Trennung.

  • P
    Prekarius

    Gemeinsamkeit?

    Es ist ein gewaltiger Unterschied, ob jemand "vom Ende her denkt" (Steinmeier) - denn das ist reichlich spät, meist zu spät - oder jemand - vorausschauend - die Dinge bis "zum Ende betrachtet".

  • T
    T.H.Wolff

    Im Kontext mit politischen Mandatsträgern ist das die Metapher für "nichts" oder die Wahl zwischen "nichts" und "nichts", wenn dieser Begriff an sich denn teilbar wäre.

  • M
    Medienmensch

    Solche Sendungen taugen auf jeden Fall prima dazu, die versteckten Botschaften zu suchen, die dort untergebracht werden.

    Schon bei Schröder vs. Stoiber konnte man bei genauem Betrachten eine recht klare Stellungnahme der Autoren herauslesen.

    Bildkomposition, Schnitt, Auswahl der O-Töne usw. waren auffällig gewichtet.

    Unter dieser Perspektive werde ich mir das schon sehr interessiert anschauen.

    Die Personen selbst möchte ich allerdings an dem bewerten, was sie geschaffen haben - und da fällt mir nicht viel zu ein.

    Offenbar war es doch alles nicht schlimm genug, um wirklich etwas zu verändern...

  • J
    Jackabum

    Die medialen Effekte sind noch harmlos im vergleich zu ihren verbalen Rhetoriken.

    Allerdings so ein Fototermin mit Mr Obama vor der Wahl wär schon was.

  • V
    vic

    Schon haben wir das Problem; die beiden sind austauschbar. Beide taugen nicht als Kanzler.

    Dass Merkel Gerd Schröder medial in den Schatten stellt ist jedoch grotesk. Im Leben nicht und in keinster Weise. Sie versucht vergeblich, etwas darzustellen das sie nicht ist und nie sein wird.

    Er hingegen war authentisch,

    und trotz allem sympathischer. In jeder Hinsicht.

    Die PR-Sendungen werde ich mir sicher nicht antun.

  • N
    Nigredo

    "Aber ist das nicht auch bei Merkel so?"

     

    Nein, ist es nicht. Wenn uns die letzten paar Jahre eines gelehrt haben, dann, dass sie es eben nicht kann, wenn sie es müsste; was sie kann, ist, viele glauben zu machen, dass sie es kann - wobei das in dieser mediengesteuerten Welt wohl längst dasselbe ist (früher kannte man etwas Ähnliches aus der Geschichtsschreibung: "Die Geschichte schreibt der Gewinner").

  • HF
    Heinrich F. Kut

    Was, bitte schön sind "Postheroiker" oder oder die Post "Theroiker"????

    Ich bitte inständig um Hilfe - meinetwegen auch um Posthilfe.