Kampf am Rohstoffmarkt: Haftbefehle für bessere Preise

China und Australien liefern sich einen zunehmend raueren Handelskrieg um Eisenerz. Vier Mitarbeitern des australischen Bergbauriesen Rio Tinto droht jetzt in China ein Prozess.

Mitarbeiter einer chinesischen Eisenerz-Firma im Osten des Landes. Bild: dpa

BERLIN taz/rtr | Offiziell führen Chinesen und Australier derzeit einen Spionagekrimi auf, dessen neuestes Kapitel unter der Überschrift "Entspannung" steht. Im Hintergrund ringen sie weiter um den Zugang zu möglichst günstigen Rohstoffen.

Die Handlung des Krimis: Am gestrigen Mittwoch wurden die vier Mitarbeiter des australischen Bergbaukonzerns Rio Tinto offiziell verhaftet, die Anfang Juli in Schanghai schon festgenommen worden waren. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua werden sie der Bestechung sowie der Industriespionage bezichtigt. Die noch schwerer wiegende Anschuldigung des Diebstahls von Staatsgeheimnissen wird nicht mehr gegen sie erhoben. Chinas Behörden hätten den Vorwürfen somit etwas an Schärfe genommen, sagte der australische Außenminister Stephen Smith.

Mit dieser Entspannungstour könnten die Chinesen versuchen, die stockenden Preisverhandlungen mit dem Bergbaugiganten wieder in Gang zu bringen. Denn als Hintergrund der Vorwürfe sehen Experten den Zugang zu australischem Eisenerz. "Die Chinesen sind beleidigt, dass sie das Erz derzeit zu Tagespreisen kaufen müssen", sagt Eberhard Sandschneider, China-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.

Die Preise für das Metall entstehen durch ein kurioses Ritual: Ein Stahlunternehmen führt Verhandlungen mit einem der drei großen Bergbauunternehmen, also Rio Tinto oder BHP Billiton aus Australien oder Vale aus Brasilien. Die dabei ausgehandelten Preise gelten weltweit für die gesamte Branche.

Verhandlungsführer war in den vergangenen Jahren China, größter Käufer des Rohstoffs auf dem Weltmarkt. Doch die Verhandlungen zwischen dem chinesischen Stahlverband CISA und Rio Tinto scheiterten an den hohen Nachlassforderungen der Chinesen: Sie wollten für die Tonne Stahl bis zu 45 Prozent weniger zahlen als zuvor.

Doch gegen die Marktmacht der Bergbauunternehmen - die drei Branchenführer beherrschen drei Viertel des globalen Handels mit Eisenerz - konnten sich die Chinesen nicht durchsetzen. Letztlich gaben Japan und Südkorea die Preise vor, sie erreichten Senkungen von etwa 30 Prozent. Immerhin konnten die Chinesen herausschlagen, dass die neuen Preise für sie nur für sechs Monate statt für ein Jahr gelten wie für den Rest der Welt. CISA und Rio Tinto sind also im Endspurt neuer Verhandlungen.

China-Experte Sandschneider sieht hinter dem Auftreten Pekings eine abgestimmte Rohstoffstrategie: "Die Führung versucht nach Aldi-Art die Lieferanten zu knebeln." Es sei ein Vorteil des autoritären Regimes, seine Strategie konsequent verfolgen zu können. "In Afrika kauft es sich ein, in Australien spielen sie mit härteren Bandagen", so Sandschneider.

Letztlich würden aber auch sie an der überwältigen Macht der drei großen Bergbaukonzerne scheitern, schätzt Beate Brüninghaus vom Stahlzentrum Düsseldorf. Wie die Geschichte für die vier inhaftierten Rio-Tinto-Mitarbeiter weiter geht, bleibt unklar. Ihnen drohen Haftstrafen von drei bis sieben Jahren.

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