piwik no script img

RechtsextremismusNazi-Offensive in Sachsen

80.000 Plakate, 1,2 Millionen Flugblätter und Opfer-Mythos: Die NPD versucht in Sachsen alles, um wieder in den Landtag einzuziehen. Ein Erfolg ist wahrscheinlich.

NPD-Anhänger bei einer Wahlkampfveranstaltung der rechtsextremen Partei. Bild: dpa

DRESDEN taz | "In Sachsen führen wir unseren wichtigsten Wahlkampf", ruft NPD-Bundesvorsitzender Udo Voigt in den Saal. Denn es gelte, erstmals in der Parteigeschichte den Wiedereinzug in einen Landtag zu schaffen. Dass es für die rechtsextreme Partei auch um die staatliche Parteienfinanzierung geht, sagt er nicht.

Von den 50 Gästen eines Gasthofs in der Sächsischen Schweiz kommt strammer Applaus. Der Kreisverband hat zu einer "Motivationsveranstaltung" eingeladen, um Mitglieder und Kameradschafts-Sympathisanten zum Endspurt in einer der sächsischen NPD-Hochburgen aufzurufen.

Vor Voigt hatte sich Landtags-Fraktionschef Holger Apfel eine Dreiviertelstunde lang in Rage geredet. Weg mit den ausländischen Billiglohn-Drückern, dafür Schutzzölle gegen Konkurrenzimporte, Wohltaten wie zu DDR-Zeiten für deutsche Familien, aber Schluss mit der Kuschelpädagogik und erst recht die Todesstrafe für Kindermörder. Apfel schwallt im gleichen Duktus wie fünf Jahre lang am Pult des Sächsischen Landtages. Mal Pathos, mal Polemik.

Es ist exakt das gleiche Programm, das er am Sonnabend noch einmal mitten in Dresden auf dem Postplatz abspulen wird. Dort allerdings ist der harte Kern der umstehenden Anhänger nicht einmal halb so groß. In etwas größerer Entfernung sitzen teils kopfschüttelnd einige Passanten. Auf der anderen Straßenseite, durch eine Polizeikette getrennt, protestieren Linke, SPD, und Grüne, darunter mehrere Abgeordnete.

Doch die klägliche Resonanz auf eine der ganz wenigen öffentlichen Wahlveranstaltungen der Rechtsextremen täuscht: Nach 9,2 Prozent im Jahr 2004 könnte die NPD laut aktueller Umfragen bei den Landtagswahlen am 30. August wieder über die Fünf-Prozent-Hürde kommen und damit wieder in den Dresdner Landtag einziehen. Eine aktuelle Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen sieht die Partei bei sechs Prozent.

Die NPD sei nicht mehr die Partei der Frustrierten, sondern könne sich auf eine Stammwählerschaft verlassen, brüstet sich Apfel. Seit den Kommunalwahlen im Juni sitzen sie in allen Kreistagen und errangen 73 Mandate. Ihren Wahlkampf führen sie inzwischen raffinierter und massiver. Mit Parolen wie "Wehrt Euch!" wird eine revolutionäre Stimmung wie bei den Anti-Hartz-Protesten vor fünf Jahren beschworen und zugleich der eigene Opfer-Mythos bedient.

Noch unverschämter usurpiert die NPD Slogans der 89-er Revolution. "Wir sind das Volk!" behauptet sie und ruft zugleich zur Beobachtung der Stimmenauszählung am Wahlabend auf. Eine primitive Comic-Zeitung "Der große Kampf Enten gegen Hühner" muss allerdings jeden Berufsschüler intellektuell beleidigen, an den sie adressiert ist.

Eine Viertelmillion Euro macht die Partei locker, um in Sachsen 80.000 Plakate zu hängen und in Haushalten zwei Millionen Wahlkampfzeitungen und 1,2 Millionen Flugblätter zu verteilen. Jede Aufmerksamkeit sei ihm recht, sagt Holger Apfel, auch die lautstarken Warnungen vor der NPD und der Alarmismus wie vor fünf Jahren.

Es gibt jedoch Gegeninitiativen aus der Gesellschaft: Die ver.di-Jugend gestaltet NPD-Plakate um, in Görlitz plakatiert eine Bürgerbewegung quasi illegal gegen die Nazi-Aufforderungen "Polen-Invasion stoppen!".

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

16 Kommentare

 / 
  • HH
    Hannes Hegen

    Wie kann man den Comic erhalten?

  • B
    bichette

    die etablierten parteien setzen sich bis heute nicht eindeutig gegen die braune brut durch. und manche fdp- und cdu-stadtoberen fahren gar einen schmusekurs. sie werden von den rechten als steigbügelhalter missbraucht und merken nicht einmal, welchen dummheiten sie auf den leim gehen.

     

    und noch eins: wer nicht wählt, der wählt nichtsahnend die nazis, die für jede stimme geld vom steuerzahler abzocken.

  • BV
    Brian von Nazareth

    "Neonazistische und islamistische Unterwanderung", so, so, verehrte Goj Gerda. Meinen Sie in etwa solche listigen Völkerunterwanderungen wie in http://moslem.blogger.de/stories/1468996/ beschrieben?

    Erstaunlich, was Ihr Deutschen alles so seht und wie Ihr das verknüpft. Sind Sie - rein zufällig natürlich - regelmäßige PI-Konsumentin?

    Dann sind Sie bei der "Neuen taz" genau richtig. Der NeoCon in seinem neuen Gewande.

  • G
    GonZoo

    Der Bundeswahlleiter hat "Die Partei", "Die Grauen" und andere kleine Gruppierungen teils wegen Formfehlern, teils wegen mangelnder Organisationsstrukturen oder wackliger Finanzen nicht zugelassen.

    Warum fällt es ihm so schwer, die NPD nicht zuzulassen? Gründe gäbe es zuhauf.

  • GH
    G. H. Pohl

    Was ist das nur für eine Politiker-Elite, was für ein Rechtsstaat, ich fasse es nicht!

    Man kann nicht glauben, dass Ihnen gegen das braun Gesindel nichts Wirksames einfällt!

    Warum macht man es diesen Fäkalfarbenen nicht klar, welche Ungeheuerlichkeiten sie uns nahebringen, ja attraktiv machen wollen ?

    Fast müßte man sie bewundern, die „legitimen Nachfolger“ des „GröFaZ“ (größten „Führers“ aller Zeiten), in einer Zeit wo jeder „Winner“ sein will. Mit Elan setzen sie sich für die Ideen der größten „Looser“ aller Zeiten ein. Das erfordert besonderen „Charakter“!

    Wie war das noch?

    Ein paar willkürliche Beispiele:

    Da waren die „Goldfasane“ die das kleine Parteivolk die Drecksarbeit machen ließen.

    So zum Beispiel schrieben sie schon 1933 meinem Opa einen – ganz tapfere, aufrechte Nationalsozialisten – einen anonymen Drohbrief , er solle seine Reden einstellen, sonst käme er, der Vater von drei Kindern dahin, „wo er hin gehöre“…

    Da gab es die geschlossenen Banden ( „Kameraden“ und „Volksgenossen“)die Leute verprügelten, einkerkerten, folterten und schließlich umbrachten…

    Da war die „Elite“ der Nazibande, die Schulkinder und Greise zum Sterben an die Front schickten und sich selbst verpissten und bis zum Schluß in Saus und Braus lebten.

    Da gab’s den Herrn Meier, der so heißen wollte, wenn jemals ein alliiertes Flugzeug die Grenzen des Deutschen Reiches überfliegen würde, nicht wahr, Herr Göring? Der feine Herr Göring hat sich übrigens - ganz nationalsozialistischer Held – wie sein heldenhafter, angebeteter Führer, seiner verdienten Strafe entzogen.

    Das Ergebnis des großmäuligen göringschen Versprechens jedoch, kann man noch heute auf Millionen Bildern anschauen: die von der Reichsführung versprochenen „lichten und luftigen“ Wohnungen.

    Darauf ist die braune Pest auch noch stolz:

    Sie leugnen dreist den Mord an Millionen Juden, Ausländern, Homosexuellen, politisch Andersdenkenden, Kranken und Gläubigen der Kirchen.

    Geschätzte 30-50 Millionen Kriegstote.

    Ach so, ein Drittel des Deutschen Reichsgebietes haben diese tollen Leute auch noch verzockt…

    Rassenhaß und Ausländerfeindlichkeit sind Programm.

    Sie haben damals den Ruf Deutschlands in den Schmutz geworfen und tun’s noch heute.

    Also: auf Kameraden, das Brett vor die hohle Birne so lange es noch Bretter gibt…

  • N
    nazis=sozialisten

    nazis sind doch nationalsozialisten und sozialisten findet man eher in der linkspartei.

     

    aber die ist ja mittlerweile ok, weil nach linksaußen gibt es ja keine probleme im heutigen deutschland. antifaschismus wird von vielen auch der neue faschismus genannt.

  • G
    Gerda

    Neonazistische und islamistische Unterwanderung deuten auf eine Krise des politischen Systems hin, auf einen Verlust des gesellschaftlichen Konsenses.

     

    Wandel ist natürlich, Natur ist immer Evolution. Eben deshalb braucht es dafür eine offene Diskussion, denn viel Wertvolles droht unterzugehen, wie Selbstbestimmung, Gleichberechtigung von Frau und Mann sowie die Anerkennung sexueller Vielfalt.

  • D
    David

    Ich kann nur hoffen, dass die Wähler Sachsen hinter die Fratze dieser Partei schauen können. Aber es gibt ja seit Jahren in der Jugend einen Hang zu einem gewissen Rechtsradikalismus und offenbar versagt das Schulwesen, was die Aufklärung über den Nationalsozialismus und das III. Reich angeht.

    In Parlamenten enttarnen sich rechtsradikale Parteien immer wieder von selbst, aber es gibt die Gefahr, dass sich in dieser Szene eine Art Führung aus gebildeten (nicht minder verwirrten und irren) Politikern herausbildet, die in Zukunft noch weitaus mehr Nutzen aus Parlamenten ziehen könnte.

  • HH
    Hannes Hegen

    Wie kann man den Comic erhalten?

  • B
    bichette

    die etablierten parteien setzen sich bis heute nicht eindeutig gegen die braune brut durch. und manche fdp- und cdu-stadtoberen fahren gar einen schmusekurs. sie werden von den rechten als steigbügelhalter missbraucht und merken nicht einmal, welchen dummheiten sie auf den leim gehen.

     

    und noch eins: wer nicht wählt, der wählt nichtsahnend die nazis, die für jede stimme geld vom steuerzahler abzocken.

  • BV
    Brian von Nazareth

    "Neonazistische und islamistische Unterwanderung", so, so, verehrte Goj Gerda. Meinen Sie in etwa solche listigen Völkerunterwanderungen wie in http://moslem.blogger.de/stories/1468996/ beschrieben?

    Erstaunlich, was Ihr Deutschen alles so seht und wie Ihr das verknüpft. Sind Sie - rein zufällig natürlich - regelmäßige PI-Konsumentin?

    Dann sind Sie bei der "Neuen taz" genau richtig. Der NeoCon in seinem neuen Gewande.

  • G
    GonZoo

    Der Bundeswahlleiter hat "Die Partei", "Die Grauen" und andere kleine Gruppierungen teils wegen Formfehlern, teils wegen mangelnder Organisationsstrukturen oder wackliger Finanzen nicht zugelassen.

    Warum fällt es ihm so schwer, die NPD nicht zuzulassen? Gründe gäbe es zuhauf.

  • GH
    G. H. Pohl

    Was ist das nur für eine Politiker-Elite, was für ein Rechtsstaat, ich fasse es nicht!

    Man kann nicht glauben, dass Ihnen gegen das braun Gesindel nichts Wirksames einfällt!

    Warum macht man es diesen Fäkalfarbenen nicht klar, welche Ungeheuerlichkeiten sie uns nahebringen, ja attraktiv machen wollen ?

    Fast müßte man sie bewundern, die „legitimen Nachfolger“ des „GröFaZ“ (größten „Führers“ aller Zeiten), in einer Zeit wo jeder „Winner“ sein will. Mit Elan setzen sie sich für die Ideen der größten „Looser“ aller Zeiten ein. Das erfordert besonderen „Charakter“!

    Wie war das noch?

    Ein paar willkürliche Beispiele:

    Da waren die „Goldfasane“ die das kleine Parteivolk die Drecksarbeit machen ließen.

    So zum Beispiel schrieben sie schon 1933 meinem Opa einen – ganz tapfere, aufrechte Nationalsozialisten – einen anonymen Drohbrief , er solle seine Reden einstellen, sonst käme er, der Vater von drei Kindern dahin, „wo er hin gehöre“…

    Da gab es die geschlossenen Banden ( „Kameraden“ und „Volksgenossen“)die Leute verprügelten, einkerkerten, folterten und schließlich umbrachten…

    Da war die „Elite“ der Nazibande, die Schulkinder und Greise zum Sterben an die Front schickten und sich selbst verpissten und bis zum Schluß in Saus und Braus lebten.

    Da gab’s den Herrn Meier, der so heißen wollte, wenn jemals ein alliiertes Flugzeug die Grenzen des Deutschen Reiches überfliegen würde, nicht wahr, Herr Göring? Der feine Herr Göring hat sich übrigens - ganz nationalsozialistischer Held – wie sein heldenhafter, angebeteter Führer, seiner verdienten Strafe entzogen.

    Das Ergebnis des großmäuligen göringschen Versprechens jedoch, kann man noch heute auf Millionen Bildern anschauen: die von der Reichsführung versprochenen „lichten und luftigen“ Wohnungen.

    Darauf ist die braune Pest auch noch stolz:

    Sie leugnen dreist den Mord an Millionen Juden, Ausländern, Homosexuellen, politisch Andersdenkenden, Kranken und Gläubigen der Kirchen.

    Geschätzte 30-50 Millionen Kriegstote.

    Ach so, ein Drittel des Deutschen Reichsgebietes haben diese tollen Leute auch noch verzockt…

    Rassenhaß und Ausländerfeindlichkeit sind Programm.

    Sie haben damals den Ruf Deutschlands in den Schmutz geworfen und tun’s noch heute.

    Also: auf Kameraden, das Brett vor die hohle Birne so lange es noch Bretter gibt…

  • N
    nazis=sozialisten

    nazis sind doch nationalsozialisten und sozialisten findet man eher in der linkspartei.

     

    aber die ist ja mittlerweile ok, weil nach linksaußen gibt es ja keine probleme im heutigen deutschland. antifaschismus wird von vielen auch der neue faschismus genannt.

  • G
    Gerda

    Neonazistische und islamistische Unterwanderung deuten auf eine Krise des politischen Systems hin, auf einen Verlust des gesellschaftlichen Konsenses.

     

    Wandel ist natürlich, Natur ist immer Evolution. Eben deshalb braucht es dafür eine offene Diskussion, denn viel Wertvolles droht unterzugehen, wie Selbstbestimmung, Gleichberechtigung von Frau und Mann sowie die Anerkennung sexueller Vielfalt.

  • D
    David

    Ich kann nur hoffen, dass die Wähler Sachsen hinter die Fratze dieser Partei schauen können. Aber es gibt ja seit Jahren in der Jugend einen Hang zu einem gewissen Rechtsradikalismus und offenbar versagt das Schulwesen, was die Aufklärung über den Nationalsozialismus und das III. Reich angeht.

    In Parlamenten enttarnen sich rechtsradikale Parteien immer wieder von selbst, aber es gibt die Gefahr, dass sich in dieser Szene eine Art Führung aus gebildeten (nicht minder verwirrten und irren) Politikern herausbildet, die in Zukunft noch weitaus mehr Nutzen aus Parlamenten ziehen könnte.