Landtagswahl in Sachsen: Trümmerland der Sozialdemokraten
Im Freistaat werden die politischen Farben neu gemischt, auch wenn klar ist, dass Schwarz vorne bleibt. Echte Sorgen um den Einzug in den Landtag müssen sich jedoch die Grünen machen.
DRESDEN taz | Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) dürfte dem Wahltag so gelassen entgegensehen, wie er seinen behäbigen Wahlkampf geführt hat. Denn eins ist klar: Die Union wird stärkste Kraft in Sachsen bleiben. Deswegen wird sich die Spannung am Wahlabend voraussichtlich auch bloß auf zwei Fragen beschränken: Mit wem wird die CDU künftig koalieren? Und schafft die NPD den Wiedereinzug in den Landtag?
Von Biedenkopf-Ergebnissen wie einst den 58,1 Prozent 1994 ist die sächsische CDU weit entfernt. Für sie wäre es schon ein Erfolg, wenn sie über der 40-Prozent-Marke bleibt. Geht dieser Stimmenverlust zugunsten der FDP aus und steigern sich die Liberalen auf ein zweistelliges Ergebnis, ist keineswegs gesetzt, dass ein bürgerliches Lager die bisherige große Koalition ablösen wird. Zwar gilt die FDP allgemein als Wunschpartner der CDU, die Liberalen werden aber nicht von allen Konservativen einstimmig favorisiert. Interne Seitenhiebe gegen eine noch nicht ernsthaft politikfähige FDP und Berichte über Behinderungen liberaler Wahlkampfveranstaltungen durch CDU-Lokalfürsten sprechen dagegen. Wichtige Stimmen in der Landtagsfraktion hatten sich zudem an den bisherigen Koalitionspartner SPD gewöhnt.
Jammern auf hohem Niveau. Für die SPD wäre nach dem 9,8-Prozent-Desaster vor fünf Jahren schon jedes zweistellige Ergebnis ein Erfolg. "Wir wollen regieren", lautet die Devise vom Spitzenkandidaten und Wirtschaftsminister Thomas Jurk. Das würde der "Rote Hahn" gern und schielt durchaus auch nach links. Doch die Linkspartei liegt in Umfragen derzeit noch unterhalb ihrer 23,6 Prozent von 2004. Von der Krise kann sie auch in Sachsen nicht profitieren. Zudem wirken die Folgen interner Streitereien nach.
Über einen kontinuierlichen Aufwärtstrend können sich im linken Lager nur die Grünen freuen - allerdings auf niedrigem Niveau. Ihr Comeback im Landtag ist nicht gesichert. Das gilt auch für die NPD, die aber erfahrungsgemäß bei Umfragewerten um 5 Prozent meist unterbewertet wird.
Offen bleibt zudem die Frage, wie die Freien Wähler abschneiden werden. Bei den vergangenen Kommunalwahlen erhielten sie immerhin ein Viertel der Stimmen. Sie selbst rechnen sich bis zu 12 Prozent Stimmenanteil aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Protest in Unterwäsche im Iran
Die laute Haut
T.C. Boyle zur US-Präsidentschaftswahl
„Halb Amerika schwelgt im Hass“