BEIM SCHLÜSSELDIENST
: Eis im Schloss

Einer der vielen Nachteile, die es mit sich bringt, wenn man mit dem Rauchen aufhört, ist der, dass man als Fahrradfahrer auf fremde Hilfe angewiesen ist, wenn das Fahrradschloss eingefroren ist. Früher hab ich einfach mit dem Feuerzeug den Schlüssel erhitzt und dann hat der heiße Schlüssel das Eis im Schloss geschmolzen. Jetzt steh ich dumm da.

Heute Morgen war nämlich Frostpremiere. Und ich hatte kein Feuerzeug. Ich bin seit einem Jahr Nichtraucherin. Ich nuckelte ein bisschen an dem Schlüssel rum – Körpertemperatur bringt ja auch Eis zum Schmelzen, bei meinem Freund klappt das immer (hoho!) –, aber mein Fahrradschloss ließ sich davon nicht erweichen. „So wird das nichts“, sagte ich, realistisch, wie ich nun mal bin, zu mir selber. Man muss auch wissen, wann man gescheitert ist.

Dann wendete ich mich um und ging in die Autowerkstatt zu dem Mechaniker meines Vertrauens. „Hallo, ich bin’s wieder“, sage ich, „mein Fahrradschloss ist vereist.“ Immer, wenn ich mit dem Automechaniker rede, wird meine Stimme so piepsig. „Mhm“, brummt der Automechaniker. Er sieht übrigens ein bisschen aus wie Terence Hill, auch mit so krass stahlblauen Augen. Außerdem ist er immer ein wenig schmutzig und ölverschmiert, das betont die Augen so schön. Der Automechaniker steht auf, nimmt eine große grüne Gießkanne, trägt sie zum Waschbecken und lässt sie mit heißem Wasser volllaufen. „Druffkippen!“, befiehlt er und reicht mir die Kanne, „und denn bringste dit Schloss her, denn spritz ick dir watt rein.“ Zum Glück ist es schon so kalt, dass er nicht sieht, wie rot ich werde, weil ich vorher schon rot war. „Jawohl“, piepse ich und denke, dass es vielleicht doch ein oder zwei Vorteile hat, dass ich nicht mehr rauche. LEA STREISAND