Kolumne Press-schlag: Leicht gedimmtes Osram-Rot

Niederlagen bringen die Erkenntnis, dass man nicht unschlagbar ist. Bei manchen führen Niederlagen aber auch zu Osram-Röte im Gesicht.

Ein Nebeneffekt des Phänomens Niederlage ist die Erkenntnis, nicht unschlagbar zu sein. Das gilt, versteht sich, nicht für den 1. FC Köln, Bayern München oder Hertha BSC samt ihrer Trainer, denn der Effekt kann niederlagenerprobte Fußballfachleute wie Soldo, van Gaal oder Favre logischerweise gar nicht erreichen. Er ist nur anwendbar auf Trainer im Höhenrausch einer Erfolgsserie.

Ist einer einige Zeit ungeschlagen, kann es passieren, dass er diesen Zustand für normal hält. Nicht reflektiert absichtsvoll natürlich, aber doch aus menschlicher Neigung respektive menschlicher Schwäche. Man gewöhnt sich schnell an alles, besonders an Erfolg, und auf einmal ist ungeschlagen gleich unschlagbar. Von temporär auf ewig zu schließen, ist einfach und zu verlockend.

Erfolg macht auch wahnsinnig gelassen und generös und entspannt, jedenfalls wirkt man als Erfolgstrainer auf einmal wahnsinnig gelassen und generös und entspannt. Das galt vergangene Saison über Monate sogar für Ralf Rangnick. Später wurde der Hoffenheimer Absturz von viel kindischem Trainerschmollen begleitet, denn Rangnick nimmt Niederlagen persönlich und lässt alle Welt an diesem Gemütszustand teilhaben.

Dass Gelassenheit ziemlich oft kein Charakterzug, sondern lediglich das schnell zerfallende Abfallprodukt von Erfolgsserien ist, hat gerade auch Jupp Heynckes erkennen lassen. Nachdem seine in der Liga ungeschlagene Bayer-Mannschaft im Pokal bei Kaiserslautern rausgeflogen war, blitzte beim Trainer prompt die alte Osram-Röte wieder auf, und Heynckes Ton wurde säuerlich. Bayers Sieg in Köln hat das Licht wieder etwas gedimmt und den Ton milder gemacht. Einstweilen.

Auch Armin Veh verlor rasch die Contenance des souveränen Saisonstarts, als Wolfsburgs lange Siegesserie bereits im dritten Ligaspiel unter seiner Leitung abriss. Wäre ihm an stoischer Souveränität gelegen, Veh müsste sich seinen Vorgänger zum Vorbild nehmen. Denn Felix Magath entwickelt sich inzwischen zum Dalai Lama unter den Trainern, mal abgesehen vom gackernden Lachen: Er hat stets alles im Griff, analysiert öffentlich immer moderat väterlich, macht aus Niederlagen Gemeinschaftserlebnisse und aus Krisen Chancen.

Es ist sagenhaft. Fast egal, ob diese Ruhe nun echt oder nur gut gespielt ist. Da Veh in Wolfsburg was Eigenes aufbauen und sich von seinem Vorgänger abgrenzen will, steht ihm der Weg zum Ball-Buddhisten nicht offen. Ihm bleibt wie den meisten Trainern nur die Erkenntnis, dass Niederlagen einfach eine Zumutung sind.

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