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Ende der Johannes B. Kerner-ShowJBK hat ausgeplaudert

Nach 12 Jahren als Talkshow-Gastgeber verabschiedet sich Kerner vom ZDF. Der Rückblick machte klar, warum man bei der Sendung meist wegschaltete.

Kerner, ganz frisch: 1998. Bild: dpa

Keiner kann behaupten, dass sein Wirken ohne Beachtung geblieben wäre. Kritik an der "Kernerisierung des ZDF" wurde laut, manch einer sprach gar von der Kernerisierung des gesamten öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Johannes Baptist Kerner, 45, Talkshow-Master, wurde die personifizierte Verflachung des Fernsehens. Und, allem Zuschauererfolg zum Trotz, zu einem beliebten TV-Feindbild.

Am Donnerstagabend, nach 1168 Sendungen und über 5000 Gästen in fast zwölf Jahren gab Kerner nun seinen Abschied im ZDF. 1,84 Millionen Menschen schauten bei der finalen Johannes B. Kerner-Show zu, das entspricht einem soliden Marktanteil von 15,8 Prozent.

Kerner sagte außer ein paar Dankesworten nicht viel. In einem Rückblick auf ein Stück deutsche Talkshow-Geschichte konnte man ihm eine Stunde lang nochmal zusehen. Ihm, dem Dampfplauderer, Weichspüler und Dauerduzer – wie er gerne und nicht zu Unrecht immer wieder verspottet wurde. Kerner, der smarte Gute-Laune-Mann, der vor allem eines gut kann: Verständnisvoll nicken. Bohrende Fragen stellen, nachhaken, Neuigkeiten herauskitzelen, das ist seine Sache nicht. Er war dann doch eher der Stichwortgeber für seine Gäste. Aber, das muss man ihm lassen, die waren prominent. Stars: Will Smith, Phill Collins, Vicco von Bülow alias Loriot. Politiker: Helmut Kohl, Horst Köhler, Bill Clinton. Zeitzeugen der deutschen Geschichte, kleine Leute, die durch einen Schicksalschlag in die Öffentlichkeit katapultiert wurden und jede Menge Tierbabys. Und immer wieder – schon seit der ersten Sendung – Dieter Bohlen. Sogar die eher medienscheue Steffi Graf samt Ehemann Andre Agassi schaute vorbei. Und bemerkte am Rande, dass sie gerade ein neues Parfüm herausgebracht hatte.

Überhaupt kamen Viele zu Kerner, um irgend etwas zu promoten, sei es ein neues Buch oder ihre neue CD. Andere, wie die Ex-Moderatorin Eva Herman, die bei Kerner über ihre Äußerungen zu familiären Werten im Nationalsozialismus stolperte, ließen sich in einem Akt der Pseudo-Aufgeregtheit aus dem Studio verweisen. Wiederum andere kamen, um sich öffentlich zu streiten: Als Alice Schwarzer und Verona Pooth, damals noch Feldbusch, sich darüber zankten, was nun eine emanzipierte Frau auszeichne, konnte Kerner nur untätig daneben sitzen auf seine orangefarbenen Moderationskarten starren.

Kerner begann einst bescheiden, mit einer Sendung die Woche und steigerte sich 2002 auf vier Termine wöchentlich. Nebenbei moderierte er Sportereignisse und Sondersendungen wie "Unsere Besten". Als er dann auch noch zu Kochen anfing, konnte daran selbst der wohlwollendste Betrachter keine journalistische Relevanz mehr erkennen. Kerner selbst sieht sich immer noch als Journalist und musste in diese Richtung immer wieder Kritik einstecken. Dass er es sich nicht nehmen ließ, für eine Billigfluglinie zu werben und die Fliegerei in seiner Sendung zu thematisieren, bewegte sogar ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender zur Aussage "Ein Journalist macht keine PR“.

Auch wenn Kerner beim ZDF in Mainz umstritten war: Er hatte Erfolg und der Sender hätte ihn gerne gehalten. Doch am Ende wurde man sich nicht einig darüber, wie viele Sendungen Kerner in Zukunft präsentieren sollte. Und so entschloss sich Kerner, zu Konkurrenz zu gehen.

Einer der spannendsten Gäste kam in der Kerner-Rückschau leider gar nicht vor, dabei sagte dieses Gespräch zugleich viel über den Fragesteller Kerner aus. Interview mit dem Sensenmann: "Herr Tod, das was Sie machen, Ihr Job, den finden ja viele Leute – mit Verlaub, ich sag das jetzt mal so hart – den finden viele Leute ja eher blöd. Trotzdem sei die Frage erlaubt: Das was sie tun, ist ja ein Knochenjob. Denken Sie manchmal, jetzt schmeiße ich hin, jetzt ist Sense?"

Halt, das war gar nicht der echte Kerner, sondern Peter Nottmeier in der Parodiesendung "Switch Reloaded"! Der echte Johannes B. Kerner erscheint schon am 2. November wieder auf dem Bildschirm. Nicht mehr beim Öffentlich-Rechtlichen, sondern bei Sat.1, wo er früher schon war. Ein Privatsender. Da gehört er auch hin.

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13 Kommentare

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  • S
    Sebi

    Endlich ist er weg!

  • JL
    Johannes Lange

    Ihren Kommentar hier eingeben

    Ich werde ihn vermissen recorded zum Frühstück am nächsten Morgen

    Jani

  • L
    lars

    danke autor! allerdings kann es mir nicht bissig genug sein. da ist immer noch viel luft nach oben...

  • S
    schowi

    endlich gibt's mal wieder gute nachrichten!

     

    an sowas wie dem leistungsprinzip gemessen hab ich mich eh immer gewundert, wieso kerner und beckmann abends talken dürfen.

  • AL
    Anna Luehse

    taz zur GEZ-Schlaftablette:

    "Bohrende Fragen stellen, nachhaken, Neuigkeiten herauskitzelen, das ist seine Sache nicht."

     

    Stimmt; dazu bräuchte man RICHTIGE investigative Journalisten; die gelten der Burda-Bilderberg-Press heutzutage als sog. "Verschwörungstheoretiker".

     

    btw, BEI WEM haben wir eigentlich unsere wahnwitzigen STAATSSCHULDEN?

    Weiß das wer? Zufällig bei "notleidenden Banken"?

  • F
    frutz

    Meine Freundin liebt Kerner! Warum? Weil ich mir seit der Sendung mit den vier schlechtesten Moderatoren Deutschlands (Kerner, Beckmann, Simon, Wontorra) das Fussballgucken abgewöhnt hab.

  • C
    Consystor

    Ohja, endlich ist der Mann weg, denn das einzig gute an JBK waren nur ab und zu die Gäste. Am Anfang kann man ihn vielleicht noch sympathisch finden, weil er immer so tut, als würde seine Meinung nicht zählen, die er aber andauernd bekunden muss, und als wenn er ein ganz Lieber sei, doch das wirkt schnell unglaubwürdig.

     

    Besonders in der Sendung, als Eva Hermann von ihm und den anderen Gästen wirklich nur ganz plump fertig gemacht wurde, sieht man sein wahres Gesicht. Er ist ein ganz krasser Populist und passt mit seiner Art bestens zu Günther Jauch (Stichwort: Stern TV).

    Wer weiß, vielleicht gibt es bei Sat1 nun bald BILD-TV. Aber nicht, dass ich jetzt jemanden auf eine "gute Idee" gebracht habe!

     

    Ich hoffe, dass seine Sendezeit für eine wirklich gute Sendung genutzt wird. Ich wäre ja für zwei Mal die Woche hart aber fair oder so aber das ist ja ARD...

  • H
    hans

    ich kann dem autor recht geben, allerdings war in meinen Augen sein Talk Kollege beim ARD Herr Beckmann so schrecklich dass Kerner im Vergleich regelrecht angenehm erschien.

  • AD
    Axel Dörken

    Wa?!

     

    Krischisch getz watt nich richtigammitt, odawatt? De Käana geht? Unnu?

     

    Willet Ärste etwa auf seriöhs machn?

    Na, wärjamawatt... -

     

    Gute Untahaltung aufm Ärstn!

    Da währ isch am füa!

     

    Aba watt bringn die denn dann? Weita de Fa-asche von wegn "Bildung"? Oda machn di getz ächt in Bildung?

     

    Is ja auch langsamma anne Zeit, wa?!

    Bildung schtatt Schulung. So muss datt sein!

     

    Da passn de filmekes vonne taz, die wogegn die BILD jeklagt hat voll am rein.

     

    Watt regn se sich alle übahaupt so auf öbbere Filmekes?

     

    Et kann juht sinn, datte Filmkes nich pollitisch korrekt sinn, doch de Wahheit, minnigens n jroten Teil davon, zeign se auf. De Tüpen inne Filmkes sinn uff jeden Fall orginal!

     

    Anfangs mögn se dem Zuschaua n bisken Angs und Bange machn. Un dann? Dann lach´n se so schön! Und spitzfinig wischt dä Kumpel dem Typ vonnen Kiosk am Ende auch einen aus.

     

    Is doch wie et Leben selbs, oda?

    Allet in allem sümpathisch!

     

    Un wer sonne Typen für am dumm am haltn tut, is selbs in doof, woll!?

     

    Mahlzeit!

    Axel

  • L
    Lars

    Sehr richtig Türke!

     

    BILD Werbeträger die sich selbst für so klug halten und meinen, sie können der BILD mal mit dem blöden Spruch richtig eins auswischen, sich aber eigentlich nur für die Volksverhetzer vom Springerverlag prostituieren haben im Fernsehen eigentlich überhaupt nichts mehr verloren.

  • T
    Türke

    Ich halte nichts von Kerner und habe es auch nie. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich ab und zu in seine Sendung reingezappt habe und hängengeblieben bin, weil entweder das Thema interessant war oder die Gäste. Auch dann allerdings hat seine affektiert-schleimige Art dafür gesorgt, dass ich Gewissensbisse beim Zuschauen hatte und mich erinnert fühlte, warum ich diesen Mann so verachte.

    Seine Entscheidung, zu Sat1 zu wechseln ist wohl seine aufrichtigste und konsequenteste in seiner Karriere. Als geldgierige Werbefigur ohne Prinzipien hat er mit dem Werben für die BILD endgültig jeden Funken Respekt und Daseinsberechtigung als "Journalist" verloren. Dieser Weichspüler ist jetzt genau da, wo er hingehört: bei einem Sender, den ich nur für die Championsleague einschalte.

  • WW
    Wilhelm Westerkamp

    Johannes B.Kerner hört beim ZDF auf und geht zu

    seinen alten Arbeitgeber SAT1 zurück. Zwölf Jahre

    hielt der Dauerduzer Kerner, wie er spöttisch ge-

    nannt wird, beim ZDF durch. Knapp 2 Millionen Zuschauer konnte Kerner in der Nacht pro Sendung gewinnen, so dass sie bei aller Kritik, ein Erfolg war. Kerner war eher ein Soft-Talker, der die Zuschauer unterhalten wollte, auch mit privaten Geschichten seiner Gäste. Man könnte auch sagen: Bei Kerner ließen die Prominenten die Hose runter, dabei fragte Kerner seine Gäste so geschickt aus, als wäre er ein ausgebildeter Psychologe. Nun wird er sein Glück wieder auf Sat1 versuchen und dort wie gewohnt weiter talken

  • J
    Jenny

    "Ein Privatsender. Da gehört er auch hin."

    Wohl war! Ein sehr gelungener Kommentar.

    Hervorragend! Mein SPamvermeidungswort ist "Gras".