Korruption beim Gelben Sack: Müll außer Kontrolle

Eigentlich müssen die Firmen alle Tüten und Kartons, in denen sie ihre Produkte verkaufen, melden. Mehr als die Hälfte entzieht sich bislang diesem System.

Sorgsam getrennter Müll im Gelben Sack. : ap

Große Mengen Abfall werden nicht wiederverwertet, sondern verbrannt, weil Unternehmen die Regeln der Verpackungsverordnung umgehen. Das wirft die Deutsche Umwelthilfe (DUH) den Bundesländern in Briefen vor, die sie an die jeweiligen Umweltministerien geschrieben hat. In dem der taz vorliegenden Schreiben heißt es, die DUH habe Anfang Oktober "entsetzt feststellen" müssen, dass über die Hälfte der Unternehmen keine Angaben zu ihren Verpackungsabfällen gemacht hätten, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Die DUH hat 44 solcher Unternehmen abgemahnt.

Das Verfahren ist kompliziert und betrifft Betriebe, die Produkte in Verpackungen verkaufen, die im gelben Sack des Endverbrauchers landen. Diese Kartons, Plastikflaschen oder Tüten sollen möglichst hochwertig recycelt werden, so sieht es die novellierte Verpackungsverordnung vor. Die Firmen müssen sich zum einen bei einem Recyclingunternehmen lizensieren lassen, das beim dualen System gemeldet ist. Zum anderen müssen sie bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) eine sogenannte Vollständigkeitserklärung abgeben. Darin sollen sie auflisten, wie viele Verpackungen aus welchem Material in Verkehr gebracht wurden und wo sie gelandet sind: in privaten Haushalten oder bei Großabnehmern wie Hotels oder Krankenhäusern.

Die IHK veröffentlicht die Unternehmen auf der Website www.ihk-ve-register.de, die Bundesländer kontrollieren die Angaben. Dieses System soll gewährleisten, dass die Verpackungen und ihr Verbleib lückenlos verfolgt werden können.

Bislang sind auf der Internetseite allerdings nur etwa 2.000 Unternehmen zu finden. Verpflichtet sind nach Angaben des deutschen Industrie- und Handelskammertages rund 4.500. Mehr als die Hälfte entzieht sich also dem System und spart Kosten. Wieviel, hängt von Menge und Art der Verpackungen ab. Es könnten laut Heiko Müller vom Recyclingunternehmen Duales System Deutschland "Tausende von Euro" sein.

Für die Kontrollen sind die Bundesländer zuständig, die sie jeweils unterschiedlich organisiert haben. In Baden Württemberg sind die Landratsämter zuständig, in Biberach etwa ein Mitarbeiter der Abfallrechtsbehörde. Wenn sich "Indizien ergeben, die eine weitere Prüfung ratsam erscheinen lassen, wird dies dem Regierungspräsidium in Tübingen gemeldet". Bisher sei das aber noch nicht vorgekommen, sagt Marlies Grötzinger vom Landratsamt.

"Die Kontrollen müssen erst in Gang kommen", sagt Müller vom Dualen System Deutschland. Zwar habe das Recyclingunternehmen aufgrund der novellierten Verpackungsverordnung Neukunden gewinnen können. "Doch wenn die Unternehmen wüssten, dass sie auch effizent kontrolliert werden, könnten es noch viel mehr sein."

Der Elektrogeräte-Hersteller Black and Decker im hessischen Idstein etwa, der bislang noch nicht auf der IHK-Liste steht, will erst von der DUH erfahren haben, dass er zu der Vollständigkeitserklärung verpflichtet ist. Nun will er das Versäumnis innerhalb von sechs Wochen nachholen. Von Behördenseite sei niemand an Black and Decker herangetreten, heißt es im Unternehmen.

Die DUH befürchtet nun, dass die Unternehmen, die sich dem System entziehen, ihre Verpackungen billiger los werden wollen - und sie verbrennen. "Leider gilt auch die thermische Entsorgung als Verwertung", sagt Maria Elander, Projektleiterin Kreislaufwirtschaft bei der DUH. "Das läuft dem Ziel der Verpackungsverordnung gänzlich zuwider."

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