Bürgerwille zählt nicht

Bürgerbegehren gegen Supermarkt in Tönisvorst nicht zulässig. „Mehr Demokratie“ sieht Fehler im System

KÖLN taz ■ In Nordrhein-Westfalen ist erneut ein Bürgerbegehren gescheitert, weil es einen Bebauungsplan zum Gegenstand hat. Der Rat der niederrheinischen Stadt Tönisvorst hat am Donnerstag das Bürgerbegehren gegen ein geplantes Einkaufszentrum für unzulässig erklärt.

Auf einer Grünanlage im Ortsteil St. Tönis soll ein neuer Supermarkt entstehen. Ein Bündnis aus Umweltverbänden und die Bürgerinitiative „Grüner Pastorwall“ haben gegen das Vorhaben zunächst erfolglos protestiert. Schließlich haben sie im Sommer das Begehren initiiert und rund 4.000 Unterschriften gegen die geplante Bebauung gesammelt. Die erforderliche Hürde von rund 2.000 Unterschriften wurde damit bei weitem überschritten. Doch laut Gemeindeverfassung darf in Nordrhein-Westfalen über Bebauungspläne nicht direkt abgestimmt werden. Auf diese Ausnahmeregelung beriefen sich der Tönisvorster Bürgermeister Albert Schwarz (CDU) und die Mehrheit im Stadtrat.

Der NRW-Landesverband von „Mehr Demokratie“ (MD) nahm das gescheiterte Tönisvorster Begehren gestern zum Anlass, um für eine Änderung der nordrhein-westfälischen Gemeindeverfassung zu plädieren: „Den Bürgern brennen Stadtplanungsfragen häufig auf den Nägeln, aber sie dürfen in Nordrhein-Westfalen darüber nicht abstimmen“, kritisierte Landesgeschäftsführer Daniel Schily. Er appellierte an die schwarz-gelbe Landesregierung, die Ausnahmeregelungen abzuschaffen und Bürgerbegehren auch über Bebauungspläne zuzulassen. Schily verwies auf Bayern, wo über solche Themen abgestimmt werden darf. Dort drehe sich jedes vierte Bürgerbegehren um Stadtplanungsfragen. „Was in Bayern richtig ist, kann in NRW nicht falsch sein“, so Schily.

SEBASTIAN SEDLMAYR