US-Dollar auf Talfahrt: Exportnationen leiden unter Dollarkurs
Der Wert der globalen Leitwährung fällt und fällt. Exportnationen sind besorgt. Die USA versprechen Besserung - und nutzen den schwachen Greenback, um ihre Defizite abzubauen.
BERLIN taz | Die Währung der USA schwächelt wie seit 14 Monaten nicht mehr. Am Donnerstag bekam man für einen Euro 1,48 Dollar. Erst als der Chef der US-Notenbankchef Fed, Ben Bernanke, anschließend signalisierte, der drohenden Inflation möglicherweise mit Zinserhöhungen entgegenzuwirken, erholte sich der Dollarkurs zum Wochenende hin ein wenig. Er schloss am Freitag mit 1,4729.
Geschäftsbanken können sich in den USA seit Ende 2008 bei einem Leitzins zwischen 0 und 0,25 Prozent fast kostenlos Geld von der Zentralbank beschaffen. Die anhaltende Dollarschwäche liegt nicht zuletzt an dieser lockeren Geldpolitik der Fed: Zur Krisenbekämpfung hat die US-Zentralbank derartig viel Geld in die Wirtschaft gepumpt, dass es mittlerweile ein riesiges Dollar-Überangebot auf den globalen Devisenmärkten gibt. Dem steht eine eher niedrige Nachfrage gegenüber, weil die niedrigen Zinsen Anlagen in Dollar wenig lukrativ machen.
Die Zentralbanken Südkoreas, Taiwans, Hongkongs, Indonesiens, Thailands und der Philippinen intervenierten in der vergangenen Woche mit Stützungskäufen für die US-Währung. Ihre Wirtschaften sind sehr exportabhängig. Je weniger der Greenback wert ist, desto weniger Einfuhren aus dem Ausland können sich die Amerikaner noch leisten. Mit dem Aufkauf der US-Währung wollen sie den Dollarkurs stabilisieren. In Europa macht man sich ebenfalls Sorgen über die Auswirkungen des niedrigen Dollarkurses auf die Exportwirtschaft. So sind die deutschen Exporte im August wider Erwarten deutlich eingebrochen. Die Industrie würde ein weiterer Dollarrückgang schmerzhaft treffen.
Eine Abkehr vom US-Dollar als globale Leitwährung scheint nicht mehr ausgeschlossen. Insbesondere China hatte sich in den vergangenen Monaten immer wieder für solch einen Schritt stark gemacht. Heftig dementiert wurde aber ein Bericht der britischen Zeitung Independent über angebliche geheime Verhandlungen zwischen den arabischen Ölstaaten, Frankreich, Russland und China, im Ölhandel den Dollar durch einen Währungskorb zu ersetzen.
US-Finanzminister Timothy Geithner hatte vergangene Woche erklärt, die USA würden alles tun, um das Vertrauen in den Dollar zu erhalten. Dummerweise scheinen das in den USA nur wenige zu glauben. Denn der schwache Dollar ist für die amerikanische Exportwirtschaft positiv, was an der New Yorker Börse auch die Aktienkurse ansteigen ließ.
Wenn die USA mehr exportieren und sich zugleich weniger Importe leisten können, würde dies helfen, die globalen Handels-Ungleichgewichte abzubauen. Denn das gigantische Leistungsbilanzdefizit der USA und die ebenso gewaltigen Überschüsse in China und der Bundesrepublik zählen zu den tieferen Ursachen der aktuellen Finanzkrise. 2008 wies die Leistungsbilanz der USA ein Minus von 673 Milliarden US-Dollar aus, während China einen Leistungsbilanzüberschuss von 426 Milliarden Dollar verzeichnete. Deutschland erwirtschaftete 2008 ein Plus in seiner Leistungsbilanz von rund 230 Milliarden US-Dollar.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“