Noch nicht ausgequalmt

Blauer Dunst: Mit 12,8 Jahren fangen Hamburger Schüler im Durchschnitt mit dem Rauchen an. Ein Nikotinverbot an Schulen soll dagegensteuern. Das jedoch zieht andere Probleme nach sich

Von Elke Spanner

St. Pauli, Wohlwillstraße, morgens kurz nach 9 Uhr. Es ist Pause in der „staatlichen Gewerbeschule Werft und Hafen“, und es gibt niemanden rundum, der das nicht erfährt. An der Straße stehen grüppchenweise junge Männer beisammen, zum Sitzen sind die Bänke und Schaukeln der angrenzenden Kinderspielplätze beliebt. Ist die Pause vorbei, zieht sich eine dichte Spur von Zigarettenkippen die Wege entlang – auch quer durch Sandkisten und über Spielgeräte hinweg.

Im Mund eines Kleinkindes kann eine Kippe tödlich sein. Für die Anwohner in St. Pauli ist deshalb zum Problem geworden, was seitens der Schulbehörde eigentlich als Maßnahme der Gesundheitsförderung gedacht war: das Rauchverbot an Hamburgs Schulen. Mit 12,8 Jahren fangen Hamburger Schüler im Schnitt mit dem Rauchen an, jedes zehnte Kind hat sich schon vor dem zwölften Geburtstag eine angezündet. Seit dem 1. August ist das zumindest auf dem Schulgelände untersagt. Behördensprecher Alexander Luckow bezeichnet diese Maßnahme als Erfolg. Mit dem Verbot werde unterstrichen, dass Rauchen nicht zwingend zum Alltag von Jugendlichen gehört.

Nur: Damit allein ist es nicht getan. Wer in der Schule nicht mehr rauchen darf, tut es eben davor. Und dort setzen neue Probleme an, wie auch die Schulbehörde weiß. „Das Verbot birgt auf der anderen Seite natürlich Konfliktpotenzial“, bestätigt Luckow. „Probleme gibt es in kleinem, aber bemerkenswerten Ausmaß.“

Zur Lösung ist das Suchtpräventionszentrum an den Schulen unterwegs. Die Mitarbeiter setzen auf Information – gepaart mit ein klein wenig Druck. Inwieweit die auf die Straße verlegte Rauchpause ein Problem für die Nachbarschaft werden kann, soll im Unterricht thematisiert werden. Darüber hinaus sind einzelne Schulleiter schon energischer geworden. Als sich Beschwerden von Anwohnern der Gesamtschule Harburg häuften, wurden Ein-Euro-Jobber angeheuert. Die patrouillieren in den Pausen auf den Wegen rundum und fordern Schüler und Lehrer auf, Kippen und Müll zu beseitigen. An einer Schule in Farmsen wurden Ein-Euro-Jobber dazu verdonnert, die Gehwege zu fegen.

Zusätzlich sollen Schüler über die Gesundheitsgefahren aufgeklärt werden, denen sie sich durch das Qualmen aussetzen. Seit Mai bietet dafür die Uniklinik Eppendorf (UKE) wöchentlich Veranstaltungen für Schulklassen an, bei denen den Jugendlichen beispielsweise das Abbild einer Raucherlunge vor Augen geführt wird. Das Interesse scheint groß, bis kommendes Frühjahr sind alle Termine ausgebucht. Außerdem wird am UKE ein Angebot zur Tabak-Entwöhung aufgebaut, das sich speziell an Kinder und Jugendliche richtet und ab Januar genutzt werden kann.

Im Nachbarland Schleswig-Holstein scheiterte das Rauchverbot übrigens nicht an der Uneinsichtigkeit der Schüler – sondern der der Lehrer. Deren Hauptpersonalrat hat einen entsprechenden Erlass im Oktober vorerst gestoppt.