Großbritannien und Frankreich schieben ab: Afghanen zurück ins Kriegsgebiet
Frankreich und Großbritannien schicken 27 Afghanen in ihre Heimat zurück. Die Chefin der französischen Sozialisten, Martine Aubry, sprach von einem "Charterflug der Schande".
PARIS taz | Gegen ihren Willen sind 27 Afghanen am Mittwochmittag auf dem Flughafen von Kabul gelandet. Sie waren in der Vornacht in London und Paris in eine von Frankreich und Großbritannien gecharterte Maschine gezwungen und abgeschoben worden.
AnwältInnen, MenschenrechtlerInnen und OppositionspolitikerInnen hatten bis zum Schluss versucht, die Abschiebungen in das Kriegsgebiet zu verhindern. PS-Chefin Martine Aubry sprach von einem "Charterflug der Schande". Eric Besson, der verantwortliche Minister, begründete: "Wenn Frankreich nicht abschiebt, wird das Land das Ziel der Schlepper."
Die drei aus Frankreich abgeschobenen jungen Männer sind der Polizei an drei Orten in Frankreich in die Hände gefallen. Einer wurde am 22. September bei der Räumung des "Jungles", einem Lager von Immigranten bei Calais, verhaftet; ein Zweiter am französisch-italienischen Grenzübergang Vintimille; ein dritter im dem Park Villemin im zehnten Arrondissement von Paris. Ein vierter Afghane hat sich nach Angaben der christlichen Hilfsorganisation Cimade am Dienstag selbst verletzt, um der Abschiebung zu entgehen.
Besson, Minister für "Immigration und nationale Identität" hingegen, lieferte bei einer Pressekonferenz am Mittwoch in Paris eine andere Erklärung. Danach habe er selbst die Abschiebung dieses Afghanen "in letzter Minute" verhindert. Besson hält die Region von Kabul für "die sicherste und am wenigsten gefährliche von Afghanistan". Am Mittwoch erklärte er: "Es reicht nicht, aus einem der 20 bis 25 Länder zu kommen, in denen Krieg ist, um in Frankreich Flüchtlingsstatut zu erhalten."
Noch am Montagabend hatten vier in Abschiebehaft befindliche junge Afghanen politisches Asyl in Frankreich erhalten, ein fünfter bekam ein auf ein Jahr befristetes "territoriales Asyl".
Gleichzeitig zieht die Kritik an Bessons brachialer "Migrationspolitik" immer weitere Kreise. Eine Abgeordnete der rechten Regierungspartei UMP erklärte: "Erzwungene Abschiebungen sind kriminell." Françoise Hostalier, in Personalunion Vizepräsidentin der franko-afghanischen Freundschaftsgruppe: "Ich war dreizehnmal in Afghanistan. Ich weiß, dass das Land nicht stabil ist.
Leser*innenkommentare
uiop
Gast
Vor Reisen nach Afghanistan wird dringend gewarnt.
http://www.auswaertiges-amt.de/diplo/de/Laenderinformationen/Afghanistan/Sicherheitshinweise.html
Stand 21.10.2009
(Unverändert gültig seit: 28.07.2009)
iBot
Gast
Eric Besson, der verantwortliche Minister, begründete: "Wenn Frankreich nicht abschiebt, wird das Land das Ziel der Schlepper."
Widerlich. Menschenverachtend und auch noch inhaltlich völliger Schwachsinn. Eigentlich müsste der Mann zurücktreten. Seit wann scheren sich Schlepper darum, ob ein Land abschiebt oder nicht?