Vertragsmodelle
: Die lästige Frage des Eigentums

Trotz zahlreicher Räumungen in der 80er- und 90er-Jahren haben viele besetzte Häuser als Projekte bis heute überlebt. Für die Legalisierung wurden verschiedene Vertragsmodelle genutzt. Aus den Erfahrungen der Besetzer profitieren heute Gruppen, die ganz legal ein Hausprojekt planen.

Die erste Lösung war der Gruppen-Mietvertrag. Der wurde über politischen Druck bei Häusern durchgesetzt, die in Verwaltung von öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften sind. Die in Hausvereinen organisierten BesetzerInnen zahlen zwar Miete an den Eigentümer, doch bei der Innengestaltung des Hauses haben sie freie Hand. Die Bewohner der Kohlfurter Straße 40 in Kreuzberg leben bis heute nach diesem Modell.

Bei Verhandlungen mit privaten Eigentümern stellt sich die Frage: Kaufen oder nicht? Die einfachste Variante: Mehrere BewohnerInnen werfen Erbschaften zusammen und erwerben das Haus als Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts (GbR). Allerdings lässt sich hierbei der Ausstieg eines der Eigentümer nur mit komplizierten Verträgen regeln. In einem Haus in der Liegnitzer Straße fehlte jedes Regulativ jenseits der eigenen Interessen. Dort verklagten sich die GbR-Mitglieder gegenseitig.

Da ist es schon besser, die Bewohner kaufen das Haus als Verein, wie etwa das Kerngehäuse in der Cuvrystraße 20–23. Viele Probleme lassen sich in der Satzung regeln. Mit einfacher Mehrheit aber kann der Gemeinschaftsbesitz in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.

Bei einer Genossenschaft ist dies nicht möglich. Beispiele sind die Luisenstadt e. G. in Kreuzberg und die Selbstverwaltete Ostberliner GenossInnenschaft (SOG) in Friedrichshain. Beide sind explizit nicht eigentumsorientiert, verzichten deshalb auch auf die bei anderen Modellen mögliche Eigenheimzulage. Allerdings förderte das Land Berlin zum Teil die Gründung dieser Genossenschaften und die Sanierung der Häuser mit Geldern für die bauliche Selbsthilfe.

Möglich ist auch der Kauf durch eine Stiftung, mit der die Bewohner anschließend einen Erbpachtvertrag abschließen. Diesen Weg ging die Kastanienallee 77 im Prenzlauer Berg mit der Stiftung Umverteilen. Andere Häuser fanden in unterschiedlichen Rechtsformen beim Martinswerk oder der Stiftung SPI Unterschlupf.

Seit dem Wegfall der staatlichen Förderungen für Genossenschaften wird in Berlin ein aus Baden-Württemberg stammendes Modell attraktiv: das Mietshäuser Syndikat. Über bei Freunden eingeworbene Direktdarlehen wird zusammen mit der GLS-Gemeinschaftsbank der Hauskauf finanziert. Ähnlich wie bei Genossenschaften ist das Eigentum neutralisiert. Die Bewohner leben in einem Mietshaus in Selbstorganisation. Vorreiter in Berlin sind die exbesetzten Häuser Grünberger Straße 73 in Friedrichshain und Oranienstraße 45 in Kreuzberg. CHV